OECD fordert finanzielle Disziplin
14. Dezember 2010Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat die Situation in den Ländern der Währungsunion über viele Jahre beobachtet. Doch ihre Warnung galt lange fast nur der Verschuldung. OECD-Chefökonom Pier Carlo Padoan streute zunächst Asche auf sein Haupt.
"Wir Wirtschaftswissenschaftler müssen uns schuldig bekennen, dass wir andere Dinge vernachlässigt haben, die sich dann als sehr wichtig herausgestellt haben." Zum Beispiel die Unterschiede in der Wettbewerbsfähigkeit. Die hätten bereits lange bestanden. Verbunden mit der Einheitswährung hätten sie sich dann zur akuten Krise ausgewachsen, meint Padoan.
Ein Zyklus von 20 Jahren?
Daniel Gros, Leiter des Centre for European Policy Studies (CEPS), antwortete auf Padoan. Er ging bei der Ursachenforschung sogar zwanzig Jahre zurück. "Im Grunde genommen sind die Probleme, die wir heute mit der europäischen Peripherie haben, angelegt worden durch die deutsche Wiedervereinigung."
Die habe in Deutschland zu einem Boom beim Bau und beim Konsum geführt und daher zu einem Zinsanstieg, während der Rest in Europa sich habe einschränken müssen. Ab 1995 habe sich das umgekehrt. "Deutschland musste für zehn Jahre lang den Gürtel enger schnallen, während die anderen, auch dank des weltweiten Kreditbooms, mehr ausgeben konnten. Und jetzt dreht sich das Rad wieder um."
Wieder Wachstumsaussichten
OECD-Chefökonom Padoan sieht in der hohen öffentlichen Verschuldung praktisch aller OECD-Länder eines der Hauptprobleme. Die Schulden seien auf die Dauer untragbar.
"Die beste Lösung ist eine deutliche finanzielle Konsolidierung und entschiede Strukturreformen, um Wachstum zu erzeugen." Die gute Nachricht sei, dass sich das Wachstum bereits verstetige, nicht nur in Deutschland.
Für die kommenden Jahre sagt die OECD für die Euro-Zone ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 1,5 bis 2 Prozent voraus. Auch CEPS-Leiter Gros sieht durchaus Grund für Optimismus. Die Reformen in Griechenland und anderen Ländern würden Wirkung zeigen. Die Frage sei aber, ob die Finanzmärkte den Ländern genügend Zeit für Reformen geben würden. "Deutschland hat die Zeit gehabt. Griechenland könnte eventuell die Zeit nicht haben."
Dieses Szenario möchte sich im Moment niemand gern ausmalen. Die OECD setzt unterdessen auf Maßnahmen, damit es nicht so weit kommt: auf einen dauerhaften Krisenmechanismus und auf scharfe, frühzeitige und quasi-automatische Sanktionen gegen Defizitsünder.
Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Klaus Ulrich