OECD-Kritik an Betreuungsgeld
11. Juni 2012Die in Deutschland geplante Prämie für die Betreuung von Kleinkindern könne nicht nur die Beschäftigungsquote von Frauen schwächen, sondern sich darüber hinaus negativ auf die Integration von Zuwanderern auswirken, schreibt die Zeitung "Die Welt" unter Berufung auf die Ergebnisse einer Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD). Sie wird am heutigen Montag in Paris veröffentlicht und lag der "Welt" vorab vor.
Besonders Frauen aus Zuwandererfamilien mit sozial schwachem Hintergrund tendierten dazu, Geld vom Staat anzunehmen und ihre Kinder zu Hause zu versorgen, statt eine Arbeitsstelle und Betreuung zu suchen. So sei in Norwegen die Quote der am Arbeitsmarkt beteiligten Zuwanderinnen in der Folge des Betreuungsgelds um 15 Prozent gesunken.
"Subventionen, die Eltern gezahlt werden, deren Kinder nicht in einen Kindergarten gehen, können sich auf die Arbeitsmarktbeteiligung von Zuwandererfrauen höchst nachteilig auswirken. Dies gilt besonders für gering ausgebildete Frauen mit mehreren Kindern, die in Ländern mit hohen Betreuungskosten leben", heiße es in der Studie "Jobs for Immigrants", die Zahlen aus Norwegen, Österreich und der Schweiz auswertet.
Kinder werden benachteiligt
Aber nicht nur in Bezug auf die Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt, sondern ganz generell könne sich das Betreuungsgeld negativ auf die Integration von Zuwanderern auswirken: "Die Integration von Zuwanderermüttern in den Arbeitsmarkt - besonders jene mit geringer Ausbildung - ist direkt verbunden mit der Bildung ihrer Kinder. Es gibt zunehmend klare Belege dafür, dass die Teilnahme an kindlicher Bildung für ab Dreijährige einen starken Einfluss auf den Bildungswerdegang von Kindern aus sozial schwachen Zuwandererfamilien hat", heißt es in der Studie. Nachweislich profitiere diese Gruppe am meisten von den Bildungsangeboten.
Mit dem Grundgesetz vereinbar?
Das Betreuungsgeld ist auch in der schwarz-gelben Regierungskoalition umstritten. Zudem gibt es Zweifel, ob der vom Kabinett verabschiedete Gesetzentwurf mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) lässt eine Klage gegen das Betreuungsgeld prüfen, weil der Bund alleine dafür wahrscheinlich keine alleinige Gesetzgebungskompetenz habe.
re/pg (rtr, dapd, dpa, "Welt")