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Lahm: "Freue mich, mal wieder Zuschauer zu sein"

18. Juni 2018

Zum ersten Mal seit 2002 ist Philipp Lahm als Zuschauer und nicht als Spieler bei einer Weltmeisterschaft. Im DW-Interview spricht der Weltmeister von 2014 über Gastgeber Russland und über seine Turnierfavoriten.

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Russland Fußball WM 2018 Philipp Lahm
Bild: picture-alliance/GES/M. Gilliar

DW: Herr Lahm, wie geht es Ihnen in Russland? Was sind Ihre ersten Eindrücke vom Gastgeberland?

Philipp Lahm: Mir geht es sehr gut, weil ich wieder zur Weltmeisterschaft komme. Vorbeizukommen, viele Spiele anzuschauen, das ist immer etwas Schönes und ich wurde, wie immer eigentlich, sehr herzlich und gastfreundlich empfangen.

Was ist denn das Schönste an Russland, wenn Sie sagen, dass es schön ist?

Jetzt aktuell würde ich ganz klar sagen, dass die Leute begeistert sind von der Weltmeisterschaft. Sie freuen sich, dass sie Gastgeber von einem großen Turnier sein dürfen. 

Wie und wo verfolgen Sie diese WM?

Unterschiedlich. Einmal so, wie ich es immer kennengelernt habe: Fußball verbindet die Leute und ich schaue es mir gerne mit Freunden oder mit der Familie an. Und dann habe ich ja noch einen kleinen Job angenommen sozusagen und freue mich auch auf die Gespräche mit Jessy Welmer in der ARD.

Kann man Philipp Lahm irgendwann beim Public Viewing in Moskau antreffen?

Ich werde mir eh die Spiele dann hier in Moskau im Stadion anschauen und so lange bin ich ja auch nicht da.Danach werde ich es eher wieder zu Hause genießen. Die letzte Weltmeisterschaft, die ich vor dem Fernseher erlebt habe, war die 2002 und deswegen ist es eigentlich mal wieder etwas Schönes, die WM aus einem anderen Blickwinkel zu sehen.

Das wollte ich gerade fragen: Wie ist es eigentlich, nicht mehr aktiv dabei zu sein? Also was ist das für ein Gefühl, wenn Sie sehen wie die Anderen spielen?

Ich habe wieder eine andere Perspektive auf das Spiel und auf das ganze Drumherum. Es ist schön, dass ich jetzt Dinge mehr wahrnehmen, oder besser wahrnehmen kann, als als Spieler. Als Spieler ist man sehr fokussiert auf die Spiele und jetzt ist es so, dass ich mir die Stadien ein bisschen anschauen kann, die Organisation drumherum ein bisschen mehr erlebe und das ist etwas Schönes, weil es ein wirklich anderer Blickwinkel ist.

Philipp Lahm hält 2014 den Weltmeisterpokal in die Höhe (Foto: picture-alliance/dpa/M. Brandt)
Philipp Lahm 2014 im Maracana-Stadion von Rio de JaneiroBild: picture-alliance/dpa/M. Brandt

Also ein ganz entspannter Philipp Lahm hier in Moskau?

Sehr entspannt. Solche Turniere sind immer etwas Schönes. Das jetzt hier ein bisschen als Fan zu erleben freut mich, weil das seit etlichen Jahren mal wieder eine Weltmeisterschaft ist, bei der ich Zuschauer bin.

Wie stehen eigentlich die Chancen für die Deutsche Elf?

Ich sehe gute Chancen. Es gibt die Spieler, die viel Erfahrung haben, die viele Turniere gespielt haben, die in ihren Vereinen in Top-Ligen spielen, die im internationalen Wettbewerb große Herausforderungen bewältigt haben - vor allem in der Champions League. Und man hat talentierte, junge Spieler dabei, die Erfahrung sammeln können und die Frische in so ein Team bringen. Die Voraussetzungen dafür, weit zu kommen sind gut.

Gut, dann reden wir über die anderen Teams. Wer sind Ihre Favoriten und warum?

Zu den Favoriten zähle ich Brasilien, Argentinien, die Spanier natürlich, die Franzosen und die deutsche Nationalmannschaft. Ich denke, dass sie alle sehr gute Spieler haben. Und die Vergangenheit zeigte immer wieder: Sie sind richtige Fußballnationen, die in so einem Turnier immer eine große Rolle spielen, weil sie die erfahrenen Spieler haben, die ihre Qualität auch zum richtigen Zeitpunkt aufs Feld bringen können.

Reden wir über die Bewerbung Deutschlands für die Europameisterschaft 2024. Was glauben Sie, warum soll Europa nach Deutschland kommen?

Wir haben oft bewiesen, dass wir große Turniere ausrichten können. Wir haben die Begeisterung in unserem Land, wir haben die Infrastruktur, die Stadien, da muss vielleicht minimal ein bisschen dran gefeilt werden zur Europameisterschaft hin. Wir haben eine Top-Bewerbung abgegeben mit einem Nachhaltigkeitskonzept, das es so noch nicht gab und deswegen würden wir ein sehr guter Gastgeber sein.

Und was glauben Sie, wie die Chancen, dass Deutschland dieser gute Gastgeber wird, stehen?

An sich 50:50. Es gibt zwei Bewerber: Uns und die Türkei. Aber ich vertraue da unserem Team und der Bewerbung, die wir abgegeben haben. Wir haben Vorteile, die ich schon alle aufgezählt habe und jetzt liegt es nicht mehr in unserer Hand. Aber ich bin immer ein positiver Mensch und ich bin zuversichtlich, dass wir den Zuschlag der UEFA im September dann auch bekommen.

Was machen Sie eigentlich in den nächsten Tagen außer Fußball gucken hier in Russland?

Ich hoffe ich werde noch die Gelegenheit haben, bei der Mannschaft vorbeizuschauen.

Philipp Lahm, geboren am 11. November 1983 in München, führte Deutschland 2014 in Brasilien als Kapitän zum vierten WM-Titel der Geschichte. Als langjähriger Kapitän des deutschen Rekordmeisters Bayern München sammelte Lahm auch auf Vereinsebene viele Titel: acht Deutsche Meistertitel, sechs DFB-Pokalsiege, den Champions-League-Titel 2013, sowie den FIFA-Klub-WM-Titel 2014. 2017 wurde Lahm unmittelbar nach seinem Karriereende zu Deutschlands Fußballer des Jahres gewählt. In seiner langen Karriere absolvierte das Bayern-Eigengewächs insgesamt 652 Pflichtspiele für Bayern München und den VfB Stuttgart. In der Nationalmannschaft absolvierte er 113 Länderspiele (Debüt am 18.02.2004 unter Bundestrainer Rudi Völler). Am 13. Juli holten Lahm und das DFB-Team in Rio de Janeiro gegen Argentinien den WM-Titel. Nach dem Triumph trat Lahm aus der Nationalmannschaft zurück.

Das Interview führte Juri Rescheto

 

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Juri Rescheto Studioleiter Riga