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PolitikTunesien

Präsidentenwahl in Tunesien: Große Mehrheit für Saied

7. Oktober 2024

Die Wahl war umstritten, die Zahl der Bewerber übersichtlich, viele Wähler blieben zu Hause: Bei der Präsidentenwahl in Tunesien zeichnet sich einer Wahlumfrage zufolge ein klarer Sieg von Amtsinhaber Kais Saied ab.

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Tunesien I Tunis - Kais Saied winkt seinen Anhängern zu (07.10.2024)
Präsident Saied nach der Verkündung der Nachwahlbefragung (in der Nacht zum Montag): "Fortsetzung der Revolution"Bild: Anis Mili/AP/picture alliance

Tunesiens Präsident Kais Saied hat bei der Wahl am Sonntag offenbar eine haushohe Mehrheit erzielt. Nachwahlbefragungen von Wählerinnen und Wählern beim Verlassen der Wahllokale ergaben eine Mehrheit von 89,2 Prozent für den seit fünf Jahren amtierenden Staatschef, wie das staatliche Fernsehen am Sonntagabend meldete.

Saied Anhänger jubelten und feierten nach dem Ende der Wahl. "Das ist die Fortsetzung der Revolution. Wir werden das Land von den Korrupten, Verrätern und Verschwörern säubern und aufbauen", sagte Saied dem Staatsfernsehen in einer ersten Stellungnahme. Die Wahlbeteiligung lag nach Angaben der Wahlkommission allerdings gerade mal bei 27,7 Prozent. Sie war damit nur halb so hoch wie bei der Stichwahl um das Präsidentenamt 2019.

Geburtsort des Arabischen Frühling

In dem nordafrikanischen Land, das als Geburtsort des Arabischen Frühlings bekannt ist, entschied sich ein Großteil der Opposition, die Wahl zu boykottieren. Oppositionelle sprachen von einer Scheinwahl. Im Vorfeld wurdern neben Journalisten, Anwälten, Aktivisten und Persönlichkeiten der Zivilgesellschaft auch führende Kritiker des Präsidenten festgenommen.

Saieds Gegenkandidaten haben die Ergebnisse der Nachwahlbefragung bereits angezweifelt. Das offizielle Wahlergebnis wird für Montagabend erwartet.

Tunesien I Tunis - Feiernde Saied-Anhänger halten Portraits des Präsidenten in die Luft (06.10.2024)
Feiernde Saied-Anhänger in Tunis (am Sonntagabend): Opposition spricht von "Scheinwahl"Bild: Anis Mili/AP/picture alliance

Der 66-jährige Saied trat gegen zwei Mitbewerber an: seinen ehemaligen Verbündeten und heutigen Kritiker, den Chef der Chaab-Partei, Zouhair Maghzaoui, und Ayachi Zammel. Letzterer galt als aussichtsreicher Herausforderer, bis er im Vormonat verhaftet und zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt wurde.

Kurzfristige Gesetzesänderung nach juristischer Niederlage

Auch der Wahlkampf war von mehreren juristischen Auseinandersetzungen überschattet. Daher kamen bereits vor der Abstimmung Zweifel an deren Legitimität auf. Mehrere von der Wahlbehörde abgelehnte Kandidierende hatten Widerspruch gegen ihre Ablehnung eingereicht, dreien von ihnen gab das zuständige Verwaltungsgericht recht.

Die Wahlbehörde ISIE, deren Mitglieder vom Präsidenten ernannt werden, weigerte sich jedoch, die drei Kandidaten ins Rennen aufzunehmen. In Folge verabschiedete das Parlament noch zehn Tage vor der Wahl eine Gesetzesänderung und entzog dem Verwaltungsgericht die Zuständigkeit für Wahlanliegen - offenbar mit dem Ziel, zu verhindern, dass es die Abstimmung im Nachhinein für ungültig erklären würde.

Tunesien | Ein Tunesier bei der Stimmabgabe in einem Wahllokal in Tunis (06.10.2024)
Wahllokal in Tunis: Nur geringe BeteiligungBild: Zoubeir Souissi/REUTERS

Saied war im Oktober 2019 im zweiten Wahlgang mit 73 Prozent der Stimmen gewählt worden. Seitdem hat er nach und nach immer mehr Macht auf sich vereint. 2022 ließ er über eine neue Verfassung abstimmen, die dem Präsidenten wesentlich mehr Befugnisse zugesteht.

Unabhängige staatliche Institutionen wurden seitdem zunehmend unter direkte Kontrolle der Regierung gestellt, Dutzende Oppositionelle wegen mutmaßlicher Umsturzpläne festgenommen. Saied weist Kritik an seinem Kurs zurück, er kämpfe gegen eine korrupte Elite im Land.

AR/se (rtr, epd, ap)