Private Wachen sollen Piraten stoppen
18. August 2011Vor Somalias Küste werden immer wieder Schiffe von Piraten überfallen. Auch deutsche Schiffe sind davon betroffen. Um die Schiffe besser zu schützen, erwägt die Bundesregierung jetzt, es den Reedereien zu erlauben, private Sicherheitsdienste anzuheuern. Ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums in Berlin bestätigte am Mittwoch (17.08.2011) entsprechende Berichte.
Die Entscheidung sei aber noch nicht gefallen, sagte der Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft, Hans-Joachim Otto (FDP). Allerdings seien die Ampeln für den Einsatz von privaten Sicherheitsdiensten bereits "von rot auf gelb gestellt, aber noch nicht auf grün": "Die Tendenz geht weltweit dahin, sich gemeinsam für private Sicherheitskräfte zu öffnen".
Wichtiger Seeweg
Vor der Küste Somalias greifen Piraten immer wieder Schiffe an. Manche werden entführt und nur gegen Lösegeld wieder freigelassen. Nach Angaben des Internationalen Seefahrtbüros hat die Zahl der Piratenüberfälle vor der Küste Somalias in der ersten Jahreshälfte um 36 Prozent zugenommen. Seeräuber hätten Öl- und Chemietanker angegriffen und würden dabei immer größer Waffen einsetzen, unter anderem automatische Waffen und Panzerfäuste. Kriegsmarine-Einsätze gegen Piraten, unter anderem durch die Bundeswehr, konnten daran nichts ändern.
Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Hans-Peter Uhl, erklärte, die Koalition werden die notwendigen Änderungen von Waffengesetz und Gewerbeordnung nach der Sommerpause in Angriff nehmen. "Wir sind uns einig, dass private Sicherheitsleute an Bord deutscher Handelsschiffe den Schutz vor Piratenüberfällen übernehmen sollen", sagte Uhl der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Private Sicherheitsdienste
Doch der Einsatz privater Dienstleister ist umstritten. "Die Bekämpfung der Piraterie ist und bleibt eine hoheitliche Aufgabe", sagte Niedersachsen Innenminister Uwe Schünemann (CDU) der "Financial Times Deutschland" (Donnerstagsausgabe). Zuerst müssten Bundeswehr und Bundespolizei tätig werden - "im Rahmen ihrer Möglichkeiten". Sicherheitsdienste dürften höchstens "flankierend" eingesetzt werden.
Auch die Gewerkschaft der Polizei ist skeptisch. "Für mich ist das nach wie vor eine hoheitliche Aufgabe", sagte der GdP-Vorsitzende Bernhard Witthaut. Er forderte, sofort 500 ehemalige Soldaten zur Bundespolizei zu holen und diese zu Schutz der Schiffe einzusetzen. "Das wäre schon mal ein erster Schritt", sagte er.
Gewaltmonopol in Gefahr
Grüne und Linkspartei kritisierten die Regierungspläne und sehen das Gewaltmonopol des Staates infrage gestellt. Mit der Änderung des Waffenrechts werde es erstmals Privatpersonen erlaubt, legal Kriegswaffen zu besitzen. Außerdem würde die Aufrüstung bei den Schiffen eine Aufrüstung bei den Piraten nach sich ziehen, was letztlich zu mehr Toten und Verletzten führen könnte, so die Befürchtung.
"Wer Piraten mit Söldnern bekämpfen will, versucht den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben", sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Linkspartei, Paul Schäfer. Weniger ablehnend zeigte sich die SPD, die nur klare Regeln für den Einsatz von Sicherheitsdienstleistern forderte.
Söldner im Einsatz
Private Sicherheitsdienste sind längst am Horn von Afrika im Einsatz. Üblich seien fünf Söldner pro Fahrt, zu einem Preis von bis zu 100.000 Euro, berichtete die "Financial Times Deutschland". Diese Söldner stammten meist aus Großbritannien oder Israel und begleiteten die Schiffe auf ihrer Fahrt durch die gefährlichen Gebiete am Horn von Afrika, schrieb die Zeitung weiter.
Auch ein Drittel aller deutschen Handelsschiffe engagiert bereits private Dienstleister zum Schutz. Die Rechtsgrundlage ist allerdings alles andere als klar.
Autor: Dirk Eckert (afp, dpa, rtr)
Redaktion: Walter Lausch