Reiterprozession: Blutritt etwas weiblicher
Am Freitag nach Himmelfahrt zieht der Blutritt durchs schwäbische Weingarten, Europas größte Reiterprozession. 2022 nehmen erstmals auch Frauen an der Jahrhunderte alten katholischen Tradition teil.
Feierlich: Männer hoch zu Ross
Früh morgens gegen 7 Uhr bricht der Blutritt auf, nach der Reitermesse in der Basilika St. Martin. Die Prozession zieht durch die festlich geschmückten Straßen im oberschwäbischen Weingarten und die umliegenden Felder. Die Kreisstadt rühmt sich, eine seit mehr als 900 Jahren gepflegte Tradition aufrechtzuhalten.
Premiere: Frauen reiten jetzt mit
Bisher war Frauen die Teilnahme an der Prozession verboten. Der Kirchengemeinderat St. Martin hatte zwar 2020 entschieden, Reiterinnen zuzulassen. Aber der zuständige Verein versäumte, seine Satzung rechtzeitig zu ändern - darum waren auch 2021 nur Männer unterwegs. Eine der Teilnehmerinnen ist Simone Rürup, Bürgermeisterin der Gemeinde Baindt. Sie hat extra Reitunterricht genommen.
Reitermesse: Würdenträger in blutrot
Die Heilig-Blut-Reliquie ist in ein mit Edelsteinen besetztes Kreuz eingearbeitet. Die Reitenden erhalten sie frühmorgens nach der Messe. Hier trägt Abt German Erd (Mitte) sie aus der Basilika in Weingarten. Der Legende nach soll die Reliquie das Blut Christi enthalten.
Corona: "Blutrittle" statt Großevent
2021 waren nur wenige Reiter durch die Gegend von Weingarten gezogen, wie hier zu sehen ist: Wegen der Corona-Pandemie fand die Prozession unter Ausschluss der Öffentlichkeit und stark reduziert statt. Die Einheimischen sprachen deshalb auf gut Schwäbisch vom "Blutrittle", dem kleinen Blutritt.
Weihrauch: Wallfahrt im großen Stil
Dieses Jahr wird die Wallfahrt wieder wie vor der Pandemie gefeiert. Ohne Corona-Einschränkungen ist der Blutritt nämlich ein echtes Großevent: Zehntausende Zuschauerinnen und Zuschauer nehmen daran teil. Bevor es los geht, verteilt Abt Erd an die Reitenden Weihrauch.
Männerdomäne: Keine Reiterin in Sicht
Auch 2022 bleibt der Blutritt weitestgehend eine Männerdomäne: Unter den bis zu 2500 berittenen Teilnehmenden seien diesmal zwar auch einige Frauen, sagt der katholische Dekan Ekkehard Schmid, der hier die Heilig-Blut-Reliquie trät: "Das sind aber wenige, die sagen, jetzt ist meine Chance gekommen", so Schmid.
UNESCO: Kein Kulturerbestatus ohne Frauen
Bei zahlreichen Brauchtumsveranstaltungen in Deutschland bleiben Frauen weiterhin außen vor. So auch beim Kötztinger Pfingstritt in Bayern, der kommendes Wochenende stattfindet. Das hat allerdings seinen Preis: Die Wallfahrt bewarb sich bereits zwei Mal um die Aufnahme ins immaterielle UNESCO-Kulturerbe. Die Kommission lehnte bisher aber ab - auch wegen des Ausschlusses von Frauen.
Fischer: Auch Frauen fangen jetzt Forellen
Vergangenes Jahr entschied das Landgericht Memmingen, dass Frauen am Memminger Fischertag und dem Wettfangen um die größte Forelle teilnehmen dürfen - bis dahin ebenfalls reine Männersache, wie dieses Bild von 2019 zeigt. Das Gericht gab damit einer Frau Recht, die gegen den Fischertagsverein wegen Diskriminierung geklagt hatte. Tradition rechtfertige keine Ungleichbehandlung, so das Urteil.