Rettungsprojekt für Afrikas Heilpflanzen
24. November 2005Als die deutsche Ethnologin Annika Wieckhorst in dem Dorf Pehunco in Nordbenin ankam, war der Grundstein für das Naturschutzprojekt schon gelegt. Die dort ansässigen Heiler hatten sich bereits zusammengeschlossen. Denn sie alle - Knochenspezialisten, Fetisch-Heiler und Kinderärzte - haben ein Problem: Ihre Heilpflanzen sind immer schwerer zu finden. Die deutschen Wissenschaftler sollen ihnen im Rahmen des BIOTA-Projekts helfen - mit Unterstützung des deutschen Forschungsministeriums.
Gesammeltes Wissen ist stärker
Das Ergebnis der deutsch-beninischen Kooperation ist der botanische Garten Gusõn als geschütztes Sammelgebiet.
Annika Wieckhorst sieht ihn vor allem als Ort, an dem Wissen gesammelt wird. "Die Bariba-Heiler sagen zum Beispiel, dass Pflanzen, die auf Termiten-Hügeln wachsen, eine sehr große medizinische Wirksamkeit haben", erklärt Wieckhorst. "Ihr Argument ist: Pflanzen, die schon Termiten standhalten können, die müssen ja stark sein." Das ist tatsächlich biochemisch bewiesen: Durch die Aktivität der Termiten wird der Baum besser mit Wasser und Nährstoffen versorgt, also ist er auch medizinisch wirksamer.
Noch wichtiger als Forschung ist es in Benin jedoch, das Wissen an die Bevölkerung weiterzugeben. Bauern, Hausfrauen und Schüler werden in den Heilpflanzengarten zu Führungen eingeladen. Außerdem haben die Heiler nun jeden Tag eine eigene Radiosendung. Und das Beispiel von Gusõn hat Schule gemacht: Auf lokale Initiative wurden in der Region bereits vier weitere Gärten gegründet.
Erst bestimmen, dann schützen
Auch im Kongo wurde ein ähnliches Projekt angelegt. Im Forschungsgebiet von Barbara Fruth stehen 800.000 Quadratmeter Regenwald - doch ein großer Teil ist noch unerforscht. Deshalb muss die Biologin Fruth hier zunächst der eigentlichen Arbeit des BIOTA-Projekts nachgehen: "Ehe man überhaupt so eine Pflanzenvielfalt schützen kann, muss ich erstmal wissen, was ist es denn eigentlich, was ich da schütze", erklärt sie. "Deswegen sammeln und bestimmen wir die Pflanzen."
Im Kongo ist wie in Benin das Wissen der lokalen Bevölkerung unerlässlich, um die Pflanzen wissenschaftlich zu bestimmen. Das übernehmen Forscher in der Hauptstadt Kinshasa, deren Ausbildung auch Teil des Projekts ist. Besonderes Interesse gilt auch hier den traditionellen Heilpflanzen. Dabei geht es zum einen darum, die lokale Bevölkerung auf den Reichtum um sie herum aufmerksam zu machen. Denn die junge Generation wendet sich mehr und mehr von den alten Sammeltraditionen ab, rodet lieber den Wald und legt Felder an. Auf der anderen Seite geht es auch um den Schutz des Waldes gegenüber kommerziellen Interessen an dem wertvollen Tropenholz.
Baumschulen als Naturschutz
Auch der Kakagema-Wald, der nördlich des Victoriasees in Kenia liegt und schon Schutzgebiet ist, muss in erster Linie vor der Bevölkerung geschützt werden - eine Aufgabe, der sich Caleb Amalo mit ein paar Freunden in einer eigenen Initiative angenommen hat: "Wir versuchen, die Leute aufzuklären, dass es ihnen mehr nützt, den Wald zu erhalten, als ihn abzuholzen", sagt er. "Wir müssen die Bedeutung verstehen, die der Wald auch für die Regelung des Klimas hat, dass er uns Regen bringt und beispielsweise auch Insekten beherbergt, die unsere Nutzpflanzen bestäuben und Schädlinge vernichten."
Am Rande des Waldes hat die Initiative von Kaleb Amalo Baumschulen gegründet, wo sie schnell wachsende Bäume züchten, die sie dann an die Bevölkerung verkaufen und verteilen. Feuer- und Bauholz stehen an erster Stelle, aber auch Heilpflanzen finden Absatz. Das BIOTA-Projekt unterstützt die Baumschulen - und Kaleb Amalo hofft, dass seine Initiative Nachmacher findet.