Saakaschwili - oder?
6. Januar 2008Spannung bei der Präsidentenwahl in Georgien: Der umstrittene Staatschef Michail Saakaschwili liegt nach den bisherigen Hochrechnungen zwar klar vorn. Doch noch ist unklar, ob er die 50-Prozent-Marke schafft, die für einen Sieg im ersten Wahlgang reichen würde. Zunächst hatte alles auf ein komfortables Stimmenpolster
hingedeutet, später schmolz dieser Vorsprung zusammen.
Der stärkste von sechs Oppositionskandidaten, Lewan
Gatschetschiladse, folgte als zweitstärkster Bewerber deutlich dahinter mit 25,5 Prozent. Falls Sakaaschwili die 50-Prozent-Marke verfehlt, müssten die beiden Kontrahenten in frühestens zwei Wochen zu einer Stichwahl antreten. Wahlberechtigt waren 3,5 Millionen Georgier. Die Wahlbeteiligung lag bei 57 Prozent.
Schon früh reklamierte Saakaschwili den Sieg für sich: "Den Wählerbefragungen und sämtlichen anderen Erhebungen zufolge haben wir gewonnen", rief der amtierende Präsident jubelnden Mitstreitern zu. Seine Anhänger fuhren in Autokorsos zu Siegesfeiern bereits hupend durch die verschneite Hauptstadt Tiflis. Gatschetschiladse dagegen sprach von Wahlfälschung und rief zu Protesten auf.
Daten und Fakten zu Georgien
Die USA riefen die Georgier zur Zurückhaltung auf. Der Bericht der Wahlbeobachter müsse abgewartet werden, sagte eine Vertreter des Außenministeriums in Washington. Er hoffe, dass es nicht zu Gewalt komme. Aus den Reihen internationaler Wahlbeobachter gab es überwiegend positive Urteile über die Wahl vom Samstag (06.01.2008). Ein Vertreter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sprach unmittelbar nach der Abstimmung vom "bislang saubersten Urnengang" in Georgien, auch wenn dieser "nicht ideal verlaufen" sei. Die Wahl könne aber als gültige Willensäußerung des georgischen Volkes gewertet werden. BewährungsprobeDas Votum galt als die erste große Bewährungsprobe für den US-Verbündeten Saakaschwili, der 2003 bei der so genannten Rosen-Revolution an die Macht gekommen war, die zum Sturz von Präsident Eduard Schwewardnadse führte. Die anfängliche Euphorie der Bevölkerung über den Wechsel wich jedoch bald der Ernüchterung: Viele Menschen werfen dem Präsidenten vor, die Situation im Land nicht ausreichend verbessert zu haben.
Den Westen schockte Saakaschwili im vergangenen November, als er Großdemonstrationen der Opposition gewaltsam auflösen ließ, den größten regierungskritischen Fernsehsender abschaltete und für eine Woche den Ausnahmezustand verhängte - bevor er unter internationalem Druck die vorgezogenen Wahlen ansetzte. Bei der Wahl vor vier Jahren hatte Saakaschwili über 90 Prozent der Stimmen erhalten. Das Versprechen, die von Georgien abtrünnigen Gebiete Südossetien und Abchasien zurückzuholen, blieb bislang unerfüllt. (wga)