Sabotage in Frankreich
21. November 2007Systematische Sabotage auf den Strecken des Hochgeschwindigkeitszuges TGV hat der französischen Bahn SNCF zufolge am Mittwoch (21.11.2007) zu drastischen Verspätungen geführt. In der Nacht seien zeitgleich mehrere TGV-Strecken im Westen und Osten des Landes sabotiert worden, sagte SNCF-Generaldirektor Guillaume Pepy. Es habe "koordinierte Aktionen" gegen vier TGV-Strecken gegeben, erklärte das Unternehmen. Auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke "Atlantik" habe ein großer Kabelbrand das Signalsystem lahm gelegt. Auch auf den anderen Strecken wurden die Signale sabotiert und Kabel in Brand gesetzt.
Der Staatssekretär im Verkehrsministerium, Dominique Bussereau, verurteilte die Taten. Gewerkschaftsführer bezeichneten die Saboteakte als "untragbar" und "feige". Wer hinter der Sabotage stecken könnte, sagte SNCF-Direktor Pepy nicht. Das SNCF-Management hat jedoch bereits die Befürchtungen geäußert, dass Hardliner in den Gewerkschaften das Schienennetz beschädigen könnten.
Trotz allmählich sinkender Streikbereitschaft ist der Verkehr weiterhin massiv gestört. Knapp die Hälfte der TGV-Züge fuhr am Mittwoch nicht, in Paris fielen zahlreiche Metros aus. Am achten Tag in Folge bildeten sich lange Staus rund um die Hauptstadt.
Erste Verhandlungen gestartet
Am Mittwoch starteten zunächst bei der Pariser Verkehrsgesellschaft RATP die lange erwarteten Verhandlungen unter Beteiligung eines Regierungsvertreters. Binnen eines Monats wollen sich die Parteien auf Kompensationen für die Anhebung der Lebensarbeitszeit der Beschäftigten um zweieinhalb auf die üblichen 40 Jahre einigen. Alle Gewerkschaften bis auf Sud-Rail beteiligten sich. Über eine Fortsetzung des Streiks wird am Donnerstag auf Betriebsversammlungen entschieden.
Nach Informationen von "Le Monde" hat die SNCF den Angestellten Ausgleichszahlungen von 90 Millionen Euro in den kommenden 15 Jahren angeboten. Die Regierung scheine einverstanden. Die Beschäftigten hatten bessere Bezahlung von Schicht- und Nachtarbeit sowie Lohnerhöhungen zum Ende der Berufszeit gefordert, um eine höhere Rente zu bekommen. Am Montag hatte sich Präsident Nicolas Sarkozy erstmals seit Tagen öffentlich geäußert. Er signalisierte den Gewerkschaften Unnachgiebigkeit bei den Reformen, zeigte sich aber offen für Ausgleichsregelungen.
Streik in Ungarn, Gespräche in Deutschland
Auch in Ungarn legten Eisenbahner die Arbeit nieder: Am Mittwochmorgen traten sie in einen sechsstündigen Streik ein. Dazu aufgerufen hatten die beiden größten Eisenbahnergewerkschaften. Sie wollen damit gegen die von der Regierung geplante Stilllegung von 38 unwirtschaftlich gewordenen Nebenlinien protestieren.
In Deutschland verdichten sich die Anzeichen für eine Lösung des Tarifkonflikts: Die Bahn hat der Lokführergewerkschaft GDL ein neues Angebot vorgelegt. Es sei eine "deutlich verbesserte" Offerte, teilte der Konzern in Berlin mit. Die GDL
erklärte, dass es bis Montag keine Streiks geben werde. Hauptvorstand und Tarifkommission sollen dann entscheiden, ob die GDL in Verhandlungen eintrete. Über den Inhalt der neuen Offerte wurde Stillschweigen vereinbart.
Das bisherige Angebot der Bahn enthielt 4,5 Prozent mehr Geld, 600 Euro Einmalzahlung sowie weitere Verdienstmöglichkeiten durch Mehrarbeit. Die GDL fordert einen eigenständigen Tarifvertrag für das Fahrpersonal und Einkommensverbesserungen im zweistelligen Prozentbereich. (tos)