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Musik

Salzburger Festspiele präsentieren Jubiläumsprogramm

Gaby Reucher
9. Juni 2020

Das berühmte Festival feiert sein 100-jähriges Bestehen. Vor allem aber darf es in diesem Sommer stattfinden - wenn auch wegen Corona in reduzierter Form.

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Österreich Salzburg Festspielpause in der Hofstallgasse
Bild: picture-alliance/F. Pritz

Mit Spannung blickte die Musik- und Theaterwelt nach Österreich, denn die 100. Salzburger Festspiele wurden nicht wie so viele andere Festivals weltweit wegen Corona abgesagt. Jetzt hat das Team von dem Intendanten Markus Hinterhäuser und der Präsidentin Helga Rabl-Stadler das Programm der 100. Ausgabe der Salzburger Festspiele präsentiert.

Vom 1. bis zum 30. August 2020 wird es mehr Vorstellungen geben als zuletzt gedacht. Insgesamt 110 Aufführungen an 30 Festtagen stehen auf dem Programm. Darunter zwei Opern, drei Theaterproduktionen und 53 Konzerte sowie weitere Rahmenveranstaltungen. "Wir haben ja alle diese letzten Wochen und Monate erlebt - ein wirklich bedrückender, melancholischer Stillstand, wo niemand so wirklich wusste, welche Perspektive wir noch geben können," sagte Intendant Markus Hinterhäuser im DW-Gespräch. "Dann kamen die neuen Verordnungen von der österreichischen Bundesregierung. Und wir haben gesagt: 'Ok, wir sind dazu da, dass wir Menschen einladen, hierher zu kommen und Musik, Oper und Schauspiel zu erleben!'"

Direktorium der Salzburger Festspiele
Das Direktorium der Salzburger Festspiele: (v.l.) Lukas Crepaz, Helga Rabl-Stadler und Markus HinterhäuserBild: SF/Neumayr/Leo

"Ich habe keine Minute daran gezweifelt, dass wir in diesem Sommer spielen würden", sagte Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler anlässlich der Programmvorstellung und zitierte den verstorbenen Dirigenten Nikolaus Harnoncourt. "Er war fest davon überzeugt: 'Wenn wir, die Künstler, gut sind, dann gehen die Menschen anders aus der Vorstellung heraus, als sie hineingekommen sind.' - Genau dieses Erlebnis wollen wir unseren Besuchern auch dieses Jahr schenken.“  

Zu diesem Erlebnis gehört im Jubiläumsjahr neben der erwarteten Oper "Elektra" von Festspielgründer Richard Strauss unerwartet auch eine Neuproduktion von Wolfgang Amadeus Mozarts "Cosi fan tutte". Joana Mallwitz dirigiert am 2. August die Wiener Philharmoniker, die französische Opernsängerin Marianne Crebassa singt die Dorabella. Wolfgang Amadeus Mozart wurde 1756 in Salzburg geboren.

Große Namen wird es auch in dieser Festspiel-Saison geben. In der Reihe "Orchester zu Gast" werden das ORF Radio-Symphonieorchester unter Kent Nagano, das West-Eastern Divan Orchestra mit dessen Gründer Daniel Barenboim und die Berliner Philharmoniker unter Chefdirigent Kirill Petrenko spielen. Zum 250. Geburtstag Ludwig van Beethovens werden seine Werke in allen Konzertreihen zu hören sein und in einem Beethoven-Zyklus mit Igor Levit gipfeln, der 32 Klaviersonaten an acht Abenden aufführt.  

Festival-Highlights mit internationaler Thematik

Peter Handke Stockholm Nobel-Lesung
Literatur Nobelpreisträger Peter HandkeBild: picture-alliance/TT NYHETSBYRÅN

Zu den Highlights beim Schauspiel gehören zwei Uraufführungen. Das Stück "Zdenek Adamec" des umstrittenen Schriftstellers und Literaturnobelpreisträgers Peter Handke beruht auf einer realen Begebenheit: Im März 2003 verbrannte sich der 18-Jährige Zdeněk Adamec aus Protest gegen den Zustand der Welt vor den Augen der Öffentlichkeit auf dem Wenzelsplatz in Prag. 

Die Uraufführung "Everywoman" von Milo Rau und Ursina Lardi handelt von der Vergänglichkeit des Lebens. Das klas­sische Motiv der Weltliteratur, der "Everyman", der sein Leben angesichts des Todes einer Generaluntersuchung unterzieht, diente hier als Vorlage. Auch das Traditionsstück der Salzburger Festspiele, der "Jedermann“ von Hugo von Hofmannsthal, mit dem vor 100 Jahren die Salzburger Festspiele aus der Taufe gehoben wurden, kreist um diese Thematik. 

"Jedermann" kann von Corona betroffen sein

Der personifizierte Tod erscheint hinter Jedermann. Österreich Jedermann - Salzburger Festspiele 2019
Tobias Moretti als Jedermann bei den Salzburger Festspielen 2019, hinter ihm der Tod (Peter Lohmeyer)Bild: picture-alliance/APA/picturedesk/K. Schöndorfer

Das große Open-Air Spektakel auf dem Domvorplatz "Jedermann- Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes" darf gerade jetzt nicht fehlen. "In Zeiten der Pandemie gewinnt in seinem 100-Jahr-Jubiläum die existentielle Fragestellung des Jedermann -  Was passiert, wenn der Tod ins Leben tritt? - noch größere Brisanz", heißt es im Ankündigungstext.

In Anlehnung an die alte Tradition der Mysterienspiele in Salzburg wurde das "moderne" Theaterstück am 22. August 1920 erstmals aufgeführt in der Regie von Max Reinhardt. Es ging um Begriffe wie Glaube, der Teufel, gute Werke, Geld und der Tod, ein Stück, das in einfacher Sprache für ein vielschichtiges Publikum gedacht war. Der Schauspieler und Regisseur Tobias Moretti wird in diesem Jahr wieder den Jedemann spielen. Die Schauspielerin Caroline Peters ist die sogenannte "Buhlschaft", die Geliebte des Jedermann. 

Ganz neu im Programm ist ein Zyklus mit "Reden über das Jahrhundert", in dem unter anderem die Holocaust-Überlebende und Musikerin Anita Lasker-Wallfisch zu Wort kommen soll, die in diesem Jahr für die Festansprache zur Festpieleröffnung vorgesehen war.

Gute Nachrichten aus Österreich

Coronabedingt mussten die Salzburger Festspiele reduziert werden. Von den ursprünglich geplanten 200 Veranstaltungen an 44 Tagen können immerhin über die Hälfte an 30 Tagen stattfinden. 242.000 Karten sollten verkauft werden, jetzt gibt es rund 80.000. Dennoch ist die Tatsache, dass das Festival trotz Corona-Pandemie stattfindet, als ein Durchbruch in eine neue Ära zu bewerten.

Markus Hinterhäuser Intendant Salzburger Festspiele Portrait
Intendant der Salzburger Festspiele Markus HinterhäuserBild: picture-alliance/F. Neumayr

Die frohe Botschaft, dass die Salzburger Festspiele überhaupt stattfinden können - im Gegensatz zu den zahlreichen anderen europäischen Festivals, darunter die Bayreuther Festspiele und das Beethovenfest Bonn - kam bereits am 25. Mai 2020. Diese Entscheidung des Kuratoriums der Festspiele ließ die Corona-geplagte deutsche Musikszene  erfreut aufhorchen - und auch neidisch nach Österreich blicken. "Dass wir mit der Entscheidung, ob es Festspiele geben kann, gewartet haben, war eine Mischung aus Hoffnung, Traum und vielleicht auch Intuition, dass sich die Fallzahlen der Pandemie doch in eine Richtung entwickeln könnten, die ein Zusammenfinden von Menschen möglich machen", sagte Intendant Markus Hinterhäuser bei der aktuellen Programmvorstellung. 

Das Zeichen hatten der österreichische Gesundheitsminister Rudolf Anschober und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer kurzfristig an jenem 25. Mai gesetzt, indem sie die neue Verordnung präsentierten, die die Durchführung der Festspiele in Salzburg erst ermöglichte. Unter dem Motto "Es geht groß los im Kulturbetrieb" wurde ein Zeitplan zur Lockerung der Abstandsregel präsentiert: Schon ab dem 29. Mai waren demnach Veranstaltungen mit 100 Personen im Publikum zugelassen, ab dem 1. Juli werden es bis zu 250 Personen sein und ab dem 1. August 500 Personen beziehungsweise bis zu 1000 Personen "mit einer speziellen Genehmigung". Diese Genehmigung gilt natürlich auch für das Große Festspielhaus in Salzburg. In der Pressekonferenz zum Programm der Salzburger Festspiele erläuterte der kaufmännische Geschäftsführer Lukas Crepaz denn auch das umfangreiche Sicherheitskonzept angesichts der Coronakrise. Dazu gehören ein genereller Maskenschutz - außer auf den Sitzplätzen, die Reduktion der Sitzplätze und die Einhaltung der Abstandsregeln.

Die Lobby der Salzburger Festspiele

Blick vom Salzburger Mönchsberg auf die zentrale Salzburger Alt
Die Salzburger Festspiele können sich der einmaligen Kulisse ihrer Stadt rühmenBild: picture alliance/dpa/F.Pritz

Für Outdoor-Veranstaltungen, zu denen das Stück "Jedermann" gehört, sind ab dem 1. August bis zu 1250 Personen erlaubt, vorausgesetzt, es gibt "zugewiesene fixe Plätze". Sonst gilt die Grundsatzregel, einen Meter Abstand einzuhalten. Und besonders wichtig: auf der Bühne gelten diese Abstandsregeln nicht. Das ermöglicht die Aufführungen ebenso wie den Probenbetrieb.

Hinter dieser rechtzeitig getroffenen Neuregelung vermutet die Szene die einflussreiche Lobby der Salzburger Festspiele mit der Präsidentin Helga Rabl-Stadler an der Spitze. Die Unternehmerin und Musikliebhaberin präsentiert sich selbstbewusst als "Eisbrecherin der Branche".

Alle Produktionen, die 2020 nicht zur Aufführung kommen, sollen 2021 gezeigt werden. "Das 100-Jahr-Programm soll quasi mit der Eröffnung der Landesausstellung Ende Juli 2020 beginnen und erst im Jahr darauf am 31. August 2021 enden", teilte die Festspielleitung mit.