Schwierige Endrunde bei Koalitionsgesprächen
3. Februar 2018Die Spitzen von CDU, CSU und SPD sehen Fortschritte in ihren Koalitionsverhandlungen, wagen aber noch keine Prognose für einen Abschluss an diesem Sonntag. "Wie lange es dauert, kann man jetzt noch nicht sagen", meinte die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel zum Auftakt des offiziell letzten Tages der Beratungen, die nun wieder im Willy-Brandt-Haus, der SPD-Zentrale, in Berlin stattfinden. Die Unterhändler hätten zwar gut vorgearbeitet, es seien aber noch wichtige Punkte zu klären. Auch SPD-Chef Martin Schulz ist sich nicht sicher, ob die Koalitionsgespräche an diesem Sonntag abgeschlossen werden. Sollte dies nicht gelingen, sind Montag und Dienstag als Reservetage eingeplant.
Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer und Schulz hatten schon zu Beginn der Endphase der Verhandlungen betont, sie rechneten mit schwierigen Verhandlungen.
Falls sich die Unterhändler auf einen neuen Koalitionsvertrag einigen sollten, ist noch lange nicht sicher, ob eine Neuauflage der großen Koalition tatsächlich zustande kommt. Die Vereinbarungen müssen noch von den rund 440.000 SPD-Mitgliedern gebilligt werden. An der SPD-Basis gibt es Vorbehalte gegen ein solches Bündnis.
Wohin mit Schulz?
Bei den Sozialdemokraten gibt es außerdem wachsende Bedenken gegen einen Einzug von Schulz als Minister und Vize-Kanzler ins GroKo-Kabinett. Intern wird die Frage dem Vernehmen nach verstärkt diskutiert, aber wegen der laufenden Verhandlungen und mit Blick auf die Autorität von Schulz sind nur wenige bereit, sich öffentlich zu äußern. Sollte Schulz verzichten, gilt Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz als ein Kandidat für den Vizekanzlerposten - er könnte das wichtige Finanzministerium übernehmen.
Einig bei Wohungsbau und Mieten
Bei ihren Verhandlungen in der SPD-Zentrale einigten sich die Unterhändler von Union und SPD inzwischen auf ein milliardenschweres Paket zur Schaffung von mehr Wohnraum. Damit soll der Mietenanstieg in Großstädten gedämpft werden. Wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr, soll insbesondere der soziale Wohnungsbau gestärkt werden. Im Gespräch ist hierfür eine Summe von bis zu zwei Milliarden Euro bis 2021. Zudem soll mit Projekten wie einem "Baukindergeld" für Familien und Investitionsanreizen für die Bauwirtschaft die Errichtung von mehr Wohnungen ermöglicht werden - dieses Paket soll ebenfalls zwei Milliarden Euro umfassen. Zu wenig Wohnraum gilt als Hauptgrund für rasant steigende Mieten in den Ballungszentren Deutschlands.
Zum Wohle der Tiere
Teileinigungen hatten die Gesprächspartner am späten Samstag in den Bereichen Klima und Energie sowie Landwirtschaft erzielt. So konkretisierten Union und SPD ihre Pläne zur Einführung eines staatlichen "Tierwohllabels" für Fleisch im Supermarkt. Die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen sollen "bis zur Mitte" der Wahlperiode geschaffen werden - also bis Ende 2019.
Die saarländische Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) sagte, die drei Parteien hätten sich auch auf ein Ziel für den Ökolandbau geeinigt. Demnach sollen bis 2030 insgesamt 20 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen dafür genutzt werden. Rehlinger kündigte auch einen Vorstoß für gesündere Lebensmittel an. "Noch in diesem Jahr wird es ein Konzept mit Zielmarken und Zeitplan geben, um Zucker, Fett und Salz im Essen zu reduzieren", sagte sie.
Diesel-Fahrverbote noch nicht ganz vom Tisch
Drohende Diesel-Fahrverbote in Städten will eine mögliche große Koalition verhindern und den schleppenden Ausbau der Elektromobilität beschleunigen. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) räumte aber ein: "Wir wissen nicht, ob wir Fahrverbote vermeiden können." Eine vor allem von Umweltverbänden geforderte Einführung einer blauen Plakette sei in den Koalitionsverhandlungen kein Thema gewesen.
NRW-Ministerpräsident und CDU-Vize Armin Laschet sagte, es sei der Wille aller von Union und SPD, dass es keine Fahrverbote geben solle. Er verwies auf ein auf den Weg gebrachtes Milliarden-Programm für saubere Luft in Städten. Man wolle weder Fahrverbote noch eine blaue Plakette, sagte CSU-Unterhändler Georg Nüßlein. Weil in vielen Städten Schadstoff-Grenzwerte nicht eingehalten werden, drohen Diesel-Fahrverbote.
se/haz (dpa, rtr, afp)