Sieben Kompromisse
29. Juni 20091. Kompromiss: Das Wort Verfassung
Auch wenn der EU-Vertrag de facto eine Verfassung ist, kommt dieses Wort im Text nicht mehr vor. Auch auf die Nennung Fahne und Hymne als EU-Symbole wird verzichtet. Damit kam die deutsche Ratspräsidentschaft Großbritannien und den Niederlanden entgegen, die alles verhindern wollen, was auf einen europäischen Superstaat hinweisen könnte. Die Verfassung heißt deshalb einfach Vertrag.
2. Kompromiss: Die Grundrechte-Charta
Zukünftig können Bürger aus allen EU-Ländern ihre Grundrechte vor dem Europäischen Gerichtshof einklagen - außer Großbritannien und Polen. Für diese Länder gilt eine Ausnahmereglung. Umgekehrt können die Engländer und Polen auch nicht vor dem Europäischen Gerichtshof klagen. Die Grundrechte-Charta hat keinen Einfluss auf die Rechtssprechung in den Ländern.
3. Kompromiss: Die Mitbestimmung der nationalen Parlamente
Auf Drängen der Niederlande bekommen die nationalen Parlamente mehr Kontrollrechte. Die EU-Kommission muss demnach ihre Gesetzesvorschläge überprüfen und stichhaltig begründen. Im Extremfall kann dies dazu führen, dass Länder Gesetze zu Fall bringen.
4. Kompromiss: Der Außenminister
Erstmals in der Geschichte hat die EU einen Außenminister. Mit Rücksicht auf Großbritannien darf er aber nicht so heißen. Sein Titel lautet Hoher Repräsentant der Union für Außen- und Sicherheitspolitik.
5. Kompromiss: Die doppelte Mehrheit
Mit dem EU-Vertrag wird das Abstimmungsverfahren geändert. Künftig gilt die doppelte Mehrheit. Zwei Bedingungen müssen für eine solche Mehrheit erfüllt sein: 55 Prozent der Mitgliedsstaaten müssen dafür stimmen und sie müssen gleichzeitig mindestens 65 Prozent der Bevölkerung vertreten. Da man Polen Zugeständnisse einräumen musste, wird die doppelte Mehrheit mit einer Übergangsfrist erst 2017 eingeführt.
6. Kompromiss: Mehrheitsentscheidungen
Künftig sollen EU-Entscheidungen in der Regel mit qualifizierter Mehrheit fallen und nicht mehr einstimmig. So sollen Verfahren beschleunigt werden. Mit Rücksicht auf Großbritannien wurde eine Ausnahmeklausel bei der Zusammenarbeit von Polizei und Justiz eingefügt.
7. Kompromiss: Das Vetorecht
Eigentlich sollte das Veto-Recht eines Landes nur noch in Ausnahmefällen gelten. Mit Rücksicht auf Irland bleibt das Veto-Recht aber in der Steuerpolitik bestehen. Außerdem wird Irland militärische Neutralität garantiert und zugesichert, dass die EU das Abtreibungsverbot in Irland nicht ändern darf.
Autor: Sascha Baron
Redaktion: Kay-Alexander Scholz