Licht der Zukunft
17. Juli 2014Mit Lichtqualität kennt sich Wolfgang Schnick gut aus. Der Chemiker beschäftigt sich nicht nur seit 2001 mit Leuchtstoffen - von Shopping Touren mit seiner Frau weiß er außerdem, wie wichtig natürlich aussehendes Licht zum Beispiel beim Probieren neuer Kleidung in einer Boutique ist.
"Meine Frau geht dann immer vor die Tür und sagt: 'Lass uns doch mal draußen gucken, da ist natürliches Licht'", erzählt Schnick. "Die Lampen in diesen Läden sind eben doch ein bisschen farbverfälschend."
Da kann ein blaues Kleid schon mal schwarz erscheinen.
Aber mit dem neuen Leuchtstoff, den Schnick und seine Kollegen von der Ludwig-Maximilians-Universität München entdeckt haben, könnte dieses Problem bald der Vergangenheit angehören.
Die Forscher haben einen neuen chemischen Leuchtstoff entwickelt, der die Farbe von Licht verändert, wenn er auf LEDs (light emitting diodes, oder Licht ausstrahlende Dioden) aufgetragen wird. Schnick meint, der sogenannte "Luminophor" habe "das Potenzial den LED-Markt zu revolutionieren."
Die richtige Lichtfarbe mischen
Seit die alten Glühbirnen von der EU 2012 verboten wurden, gelten LEDs als die beste Alternative im Beleuchtungssektor. Sie sind beliebt, weil sie im Gegensatz zu Energiesparlampen keine Aufwärmphase haben - sie gehen sofort an, wenn man auf den Schalter drückt. Außerdem enthalten sie kaum giftige Stoffe.
Das Problem mit LEDs ist, dass sie ohne zusätzlichen Leuchtstoff nur Licht einer Farbe abgeben. Das ist für das Licht, was wir im täglichen Leben nutzen, aber nicht ausreichend.
Wenn wir nachmittags gemütlich ein Buch lesen oder morgens den ersten Blick in den Badezimmerspiegel werfen, dann brauchen wir weißes Licht - und weißes Licht ist eine Mischung aus vielen verschiedenen Farben. Das kann man erreichen, indem man Leuchtstoffe auf LEDs aufträgt.
Für weißes Licht wird ein roter Luminophor auf LEDs aufgetragen, die blaues Licht ausstrahlen. Das Prinzip ist das gleiche wie mit buntem Krepppapier, das man für rotes oder blaues Leuchten auf Lampen klebt.
Vor einigen Jahren begann Schnicks Team die Zusammenarbeit mit dem Philips Lumileds Development Center. Der Leuchtstoff, den sie entwickelten, ist immer noch auf dem Markt, in den LED-Birnen des Technikriesen Philips.
"Die Industrie hat gesagt 'Euer Leuchtstoff ist ja eine tolle Verbindung, die auch unglaublich effizient ist'", sagt Schnick. "Aber er war noch nicht gut genug." Also forschten er und seine Kollegen weiter.
Fast so gut wie die Sonne
Jetzt haben sie ihr neuestes Ergebnis veröffentlicht: ein Leuchtstoff, der LED-Licht einer höheren Qualität ermöglicht.
Mit den so aufgerüsteten LEDs müsste Schnicks Frau nicht mehr den Laden verlassen, um zu sehen, ob sie es mit einem blauen oder schwarzen Kleid zu tun hat - denn das Licht im Laden wäre beinahe so natürlich wie Sonnenlicht.
Die entscheidende Größe ist die Farbe des Lichts, die auf dem Color Rendering Index (CRI), oder Farbwiedergabe-Index gemessen wird. "Der CRI sollte so hoch wie möglich sein", sagt Schnick. "Bei Sonnenlicht ist er nahe 100, das ist das Maß aller Dinge. Die LED-Lampen, die Sie momentan kaufen können, liegen bei 80. Mit unserem neuen Leuchtstoff sind wir oberhalb von 90."
Höhere Effizienz
Der neue Luminophor soll LEDs außerdem effizienter machen als vorher.
Die aktuellen LED-Birnen verwenden einen Leuchtstoff, der das Licht noch zu rot werden lässt. Die entstehende Wellenlänge ist der von Infrarotlicht zu ähnlich. Diese Wellenlänge kann das menschliche Auge nicht vollständig verarbeiten. Und Licht, das wir nicht verarbeiten können, ist Licht, das wir nicht sehen - also Energieverschwendung.
Die Wissenschaftler sagen, ihr neuer Leuchtstoff löse dieses Problem. Er mischt weniger rot ins Licht. So sind diese neuen LEDs rund 14 Prozent effizienter als die, die zurzeit noch in den Geschäften liegen.
Licht der Zukunft
Johannes Thema vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie sagt, dass die heutigen LED-Birnen ungefähr so effizient sind wie Energiesparlampen, oder compact fluorescent lamps (CFLs). Der Wissenschaftler denkt aber, dass LEDs zum Überholen ansetzen.
Außerdem haben Energiesparlampen ein großes Manko, so Thema: Sie enthalten Quecksilber. Wenn CFLs nicht richtig recycelt werden oder sogar im Haushalt herunterfallen und zerbrechen, kann das giftige Quecksilber austreten. Das stellt eine Gefahr für Gesundheit und Umwelt dar. Diese Gefahr besteht mit LEDs nicht.
"LEDs sind die Technik der Zukunft", glaubt Thema.
Das sieht Wolfgang Schnick genauso. Er sagt, wenn alle Glühbirnen und Energiesparlampen in Deutschland durch seine "neuen LEDs" ersetzt würden, könnte das Land 96 Terawatt Stunden Energie pro Jahr sparen.
"Das ist eine 96 mit 12 Nullen", stellt Schnick klar. "Diese Energiemenge, die man nur durch das Umrüsten allein in Deutschland einsparen würde, entspricht der Gesamtproduktion aller im Jahr 2012 in Deutschland am Netz befindlichen Atomkraftwerke."