Hinz: "Fühle mich zum Abschuss freigegeben"
9. August 2016Zunächst will die Essener SPD-Politikerin Petra Hinz ihren zahlreichen Kritikern einmal den Wind aus den Segeln nehmen: Ja, in der Affäre um ihren gefälschten Lebenslauf werde sie - wie angekündigt - auf ihr Bundestagsmandat verzichten. Und ja, sie werde an ihrem Zeitplan dafür festhalten. So erklärte sie sich jetzt in ihrem ersten Interview seit Bekanntwerden des Skandals in mehreren nordrhein-westfälischen Zeitungen. Sobald sie aus dem Krankenhaus entlassen werde, stehe der Termin bei Bundestagspräsident Norbert Lammert an, so Hinz. Wann das sei, würden ihre Ärzte entscheiden.
Insbesondere dem Essener SPD-Unterbezirksvorsitzenden und nordrhein-westfälischen Justizminister Thomas Kutschaty machte sie schwere Vorwürfe. Mit dem sei das Prozedere abgeklärt worden, Kutschaty habe aber mehrfach Absprachen gebrochen.
"Absprachen gebrochen" - Schlammschlacht in der SPD
"Kutschaty hat mich endgültig zum Abschuss freigegeben. Ich bin mir meiner Schuld absolut bewusst und ziehe die Konsequenzen, aber ich habe auch einen letzten Rest Würde verdient", sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen.
Kutschaty wehrte sich umgehend gegen die Beschuldigungen. Hätte ihm Hinz klipp und klar gesagt, dass sie ihr Bundestagsmandat niederlegen werde, "hätte die Partei sie nicht am 20. Juli nachdrücklich dazu auffordern müssen", sagte er der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung". Hinz sei "die einzige, die sich nicht an Absprachen hält". Statt Journalisten im Krankenhaus Interviews zu geben, hätte sie ihre Kraft besser darauf verwenden sollen, ihre Verzichtserklärung bei einem Notar zu hinterlegen, meinte der Justizminister.
Hinz hatte Mitte Juli eingeräumt, Abitur und einen Jura-Studienabschluss in ihrem Lebenslauf erfunden zu haben. Die 54-Jährige hatte sich nach Bekanntwerden der gefälschten Vita zum Mandatsverzicht bereit erklärt, vollzog diesen bislang aber nicht. Nach Angaben eines Bundestagssprechers meldete sich Hinz am 27. Juli krank und bat um einen Termin mit Lammert für Mitte September.
Ultimatum der Partei
Der Fall sorgte für Empörung, weil Hinz ohne Mandatsverzicht weiter ihre Abgeordnetenbezüge erhält. Lammert soll der Parlamentarierin einen früheren Termin für die Mandatsniederlegung angeboten haben.
Hinz hatte in der vergangenen Woche alle Parteiämter niederlegt. eine ihr von der Essener SPD gesetzte Frist, ihr Mandat in Berlin abzugeben, aber verstreichen lassen.
SC/wl (afp, dpa)