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Politik

Streit über Bundeswehr-Einsatz im Irak

Nina Werkhäuser
15. März 2018

"Sicherheitspolitischer Wahnsinn" - die Opposition übt scharfe Kritik an den Plänen der Regierung, die Bundeswehr ab April im gesamten Irak einzusetzen. Weder FDP noch AfD, Linke oder Grüne wollen dem Mandat zustimmen.

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Nordirak - Bundeswehr stoppt Ausbildung von Peschmerga-Kämpfern
Die Ausbildung der Peschmerga im Nordirak soll durch die Ausbildung der irakischen Streitkräfte abgelöst werdenBild: picture alliance/dpa/M. Kappeler

Der Plan der Bundesregierung, die Bundeswehr künftig im gesamten Irak einzusetzen, stößt im Bundestag auf massiven Widerstand. Bei der ersten Lesung des Mandats kündigten alle vier Oppositionsfraktionen an, dass sie diesen neuen Einsatz nicht mittragen werden. Statt wie bisher nur im Nordirak, wo sie die kurdischen Peschmerga ausbildeten, sollen deutsche Soldaten künftig "im ganzen Hoheitsgebiet Iraks" dabei helfen, die irakische Armee zu trainieren, also sowohl in der Region Kurdistan-Irak als auch im Zentralirak. Der Einsatz mit maximal 800 deutschen Soldaten ist zunächst bis Ende Oktober befristet.

Ausbildung für die irakische Armee

Die Terrormiliz "Islamischer Staat" sei militärisch geschlagen, aber noch nicht besiegt, sagte  Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Daher könne die Bundeswehr die Ausbildung der kurdischen Peschmerga nun beenden. Als neues Ziel gab von der Leyen aus, "die irakischen Streitkräfte zu ertüchtigen, für Sicherheit im eigenen Land zu sorgen". Gefragt sei dabei die Expertise der Bundeswehr beim Minenräumen, im Sanitätswesen und bei der ABC-Abwehr. Auch das irakische Verteidigungsministerium solle beraten werden, erklärte von der Leyen, weshalb deutsche Soldaten künftig sowohl in Erbil im Nordirak und "rund um Bagdad" stationiert würden. 

Deutschland Bundestag Beschlüsse Bundeswehreinsätze von der Leyen
Ursula von der Leyen veranschlagt für die Zeit von April bis Oktober knapp 70 Millionen Euro für das neue Irak-Mandat Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

"Unklarheiten im Mandat"

Genau das halten die vier Oppositionsfraktionen AfD, FDP, Linke und Grüne aus unterschiedlichen Gründen für falsch. "Die innenpolitische Entwicklung im Irak ist völlig offen", argumentierte Alexander Graf Lambsdorff, der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion. Das irakische Parlament habe im Februar eine Resolution verabschiedet, in dem es einen Zeitplan für den Abzug aller ausländischen Streitkräfte verlange. Auch sei die Sicherheitslage im Zentralirak unklar. Aus dem Mandat, das "vor Unklarheiten wimmelt", gehe nicht hervor, wo und in welcher Größenordnung deutsche Soldaten die Ausbildung leisten sollten, kritisierte Lambsdorff.

Deutschland Bundestag Beschlüsse Bundeswehreinsätze Lambsdorff
Der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff und seine Fraktion lehnen das neue Irak-Mandat abBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Die Linke Sevim Dagdelen erinnerte daran, dass irakische und kurdische Soldaten noch vor wenigen Monaten gegeneinander gekämpft hätten. Es sei "sicherheitspolitischer Wahnsinn", Soldaten auf beiden Seiten ausbilden zu wollen. Die Einladung der irakischen Regierung reiche außerdem nicht aus, um diesen Bundeswehr-Einsatz in Einklang mit der deutschen Verfassung zu bringen. Dieser sei "ein massiver Verstoß gegen unsere Grundgesetz".

AfD: Bundeswehr könnte Konfliktpartei werden 

"Wenn wir deutsche Soldaten in den Irak schicken, werden wir unweigerlich zur Konfliktpartei", argumentierte Rüdiger Lucassen, der Obmann der "Alternative für Deutschland" (AfD) im Verteidigungsausschuss, der sich mit folgender Frage an die Verteidigungsministerin wandte: "Können Sie ausschließen, dass wir in ein paar Monaten feststellen müssen, dass unsere Soldaten die Falschen ausgebildet haben?"

Bevor sie die Bundeswehr in neue Auslandseinsätze schicke, müsse Ursula von der Leyen zuerst die gravierenden Ausrüstungsmängel bei der Truppe beseitigen, forderte Lucassen, der selbst mehr als 30 Jahre lang Soldat war und die gelbe Schleife am Revers trug, die Solidarität mit der Bundeswehr symbolisiert.

Grüne: "Verstoß gegen das Grundgesetz"

Zudem regte sich im Bundestag Kritik daran, dass das neue Mandat zwei sehr verschiedene Komponenten hat: Neben der Ausbildung der irakischen Streitkräfte umfasst es auch den deutschen Beitrag im Kampf gegen die Terrormiliz "IS", der im Wesentlichen aus Tornado-Aufklärungsflügen über Syrien und dem Irak besteht. Dafür gab es bisher zwei Mandate, die künftig in einem Mandat zusammengebunden werden. Das mache für sie die Zustimmung unmöglich, erklärten die Grünen, die in der deutschen Beteiligung an einer "Koalition der Willigen" gegen den "IS" schon immer einen Verstoß gegen die Verfassung sahen.

Der Außenpolitiker Omid Nouripour kritisierte, dass dieser Einsatz weder im Rahmen der UN noch der NATO oder der EU stattfinde: "Das Bundesverfassungsgericht hat zurecht darauf hingewiesen, dass man Auslandseinsätze grundsätzlich nur in Systemen kollektiver Sicherheit leisten darf." Der SPD-Politiker Heiko Maas, der im Bundestag seine erste Rede als Außenminister hielt, betonte hingegen: "Ein Nachlassen im Kampf gegen den 'IS' wäre gerade jetzt das völlig falsche Signal." Nur die Regierungsparteien CDU/CSU und SPD werden dem Mandat zustimmen, wenn der Bundestag in der kommenden Woche darüber abstimmt.

Afghanistan Sicherheitskräfte
Sicherheitskräfte in Afghanistan - Deutschland beteiligt sich an ihrer AusbildungBild: picture-alliance/AP Photo/R. Gul

Afghanistan-Einsatz wird aufgestockt

Der Bundestag befasste sich außerdem mit der Verlängerung des Afghanistan-Mandats, das wegen der schlechten Sicherheitslage von 980 auf bis zu 1300 Soldaten aufgestockt werden soll. Auf diese Weise stehe mehr Schutzpersonal für die deutschen Militärausbilder zur Verfügung, wenn diese im Land unterwegs seien, sagte von der Leyen.

Deutschland beteiligt sich im Rahmen der NATO-Mission "Resolute Support" an der Ausbildung der afghanischen Armee, die allerdings nur langsam vorangeht. Nachdem deutsche Soldaten seit 17 Jahren in Afghanistan im Einsatz sind, stellte die Opposition die Sinnfrage und beklagte eine fehlende Exit-Strategie. Die Bundesregierung mahnte hingegen zur "strategischen Geduld" mit Afghanistan.

Nina Werkhäuser Reporterin