Tödliche Kämpfe in Palästinenserlager im Libanon dauern an
1. August 2023Im Zuge der Kampfhandlungen erlitten 40 Menschen Verletzungen, darunter auch Mitarbeiter des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA). Das teilte die Direktorin des Hilfswerks im Libanon, Dorothee Klaus, mit. Wegen der Kämpfe habe die UN-Organisation ihre Arbeit in dem Lager "vorübergehend eingestellt".
Nach Angaben von Klaus wurden bei den gewaltsamen Auseinandersetzungen rivalisierender Palästinensergruppen zwei Schulen der UNRWA beschädigt. Etwa 2000 Menschen ergriffen nach Aussagen des Roten Halbmondes die Flucht. Die UN-Vertreterin forderte "alle bewaffneten Akteure auf, alle Gebäude (...) der UNRWA im Einklang mit dem Völkerrecht zu respektieren". Die Konfliktparteien sollten zudem "unverzüglich" alle nötigen Maßnahmen zum Schutz der Zivilisten einschließlich der Kinder ergreifen.
Fatah gegen Islamisten
Auslöser der Gefechte im Lager Ain al-Hilwah in der südlibanesischen Stadt Sidon war ein mutmaßliches Attentat auf den Fatah-Kommandeur Abu Aschraf al-Armuschi. Anschließend wurden fünf Fatah-Mitglieder, darunter ein Militärbeamter, in einem Hinterhalt getötet. Seit Sonntag stehen sich Mitglieder der Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und Islamisten gegenüber, wie die Fatah mitteilte. Der zuständige Parlamentarier der Region, Osama Saad, sagte am Montag nach einem Treffen mit Vertretern der beteiligten Gruppierungen, es solle "eine eingehende Untersuchung" zu der Ermordung geben.
Die Auseinandersetzungen mit automatischen Waffen und Panzerabwehrraketen dauerten am Montag trotz zweier Ankündigungen von Waffenstillständen an. Vor dem Lager schlugen Granaten ein, Schulen und Geschäfte wurden geschlossen.
Größtes Palästinensercamp im Libanon
Ain al-Hilwah ist das größte der zwölf palästinensischen Lager im Libanon, in denen insgesamt 400.000 Flüchtlinge leben. Allein hat Ain Al-Hilwah hat rund 80.000 Einwohner. Die meisten von ihnen sind Flüchtlinge des ersten arabisch-israelischen Krieges im Jahr 1948 sowie deren Nachkommen. Weitere Palästinenser siedelten sich infolge des libanesischen Bürgerkrieges (1975-90) dort an. In den vergangenen Jahren kamen außerdem Palästinenser hinzu, die vor dem Bürgerkrieg in Syrien geflüchtet sind. Es kommt in dem Lager häufig zu gewaltsamen Zusammenstößen.
Seit vielen Jahren gilt eine Übereinkunft, der zufolge die libanesische Armee palästinensische Lager nicht betritt. Palästinensergruppen kümmern sich dort selbst um die Sicherheit. Faktisch gelten die Lager aber als rechtsfreie Zonen, in Ain al-Hilwah wurden etwa Extremisten und flüchtige Straftäter aufgenommen.
kle/rb (afp, dpa, rtre, ape)