Therapie statt Todesangst
In Brasilien sorgt eine ungewöhnliche Initiative zur Resozialisierung von Gefangenen für Aufsehen. Massagen und Meditation sollen Häftlingen eine Auszeit von ihrem brutalen Alltag hinter Gittern verschaffen.
Ein Bad im Schlamm
Die meiste Zeit des Tages verbringt der Häftling Roque Pereira, 65, in einer dunklen, feuchten Zelle. Die Maske aus Lehm soll seine fahle Haut wieder beleben. Die Heilerde-Massage gehört zu dem Therapie-Programm des brasilianischen Kulturvereins ACUDA, der sich in einem Gefängniskomplex in der Stadt Porto Velho um Häftlinge kümmert.
Kollektive Katharsis
Erst auftragen, dann abwaschen: Nach der Heilerde-Massage spülen die Häftlinge den Schlamm von ihrem Körper ab. Die äußerliche Reinigung soll zugleich den Weg zu einer tiefgehenden inneren Wandlung weisen. ACUDA will damit die Spirale der Gewalt in Brasiliens Gefängnissen durchbrechen.
Ein Hauch von Freiheit
Auf diesen Klick haben sie gewartet: Ein Gefängniswärter nimmt den beiden noch skeptisch blickenden Häftlingen Arlen Sena and Honorio Santos ihre Handschellen ab. Die beiden jungen Männer gehören zu den auserwählten Teilnehmern des Therapie-Programms von ACUDA. Die Organisation bietet auch die Arbeit in Motorradwerkstätten und Tischlerkurse an.
Wie du mir, so ich dir
Indische Heilkunst für brasilianische Straftäter: Im Gefängnis von Porto Velho verabreichen die Insassen einander gegenseitig Ayurveda-Massagen. Durch die gezielten Berührungen sollen die Häftlinge ihre eigenen Körper besser kennenlernen und zugleich mehr Mitgefühl für ihre Mitmenschen entwickeln.
Diene deinem Nächsten
Auch die Angehörigen sind in die Therapie einbezogen. Bei ihrem Besuch waschen und massieren die Häftlinge ihre Füße. Die Szene erinnert an die Geste Jesu Christi, der seinen Jüngern beim letzten Abendmahl die Füße wusch und ihnen damit zeigen wollte, dass sie einander dienen sollen.
Ein Vater hofft auf Vergebung
Häftling Cleverson Barbosa küsst seinen beiden Kindern bei ihrem Besuch im Gefängnis die Füße. Die Straftat des 27-Jährigen hat auch seine Angehörigen zu Opfern gemacht - eine tragische Einsicht, die vielen Insassen erst hinter Gittern kommt.
Meditation und Askese
Einmal tief durchatmen: Nach dem Besuch ihrer Familien sollen die Häftlinge durch Yoga-Training zur Ruhe kommen. Die körperlichen und geistigen Übungen auf dem nackten Fußboden sollen ein weiteres Element auf dem Weg zur Selbsterkenntnis und Umkehr sein.
Brasilianische Klagemauer
Eingemauert und einsam: Ein Häftling beim Rundgang im Gefängniskomplex von Porto Velho. Mit rund 550.000 Insassen verfügt Brasilien nach den USA, China und Russland über die viertgrößte Anzahl von Menschen hinter Gittern weltweit.