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Politik

"Saudi-Arabien vor Kritik schützen"

Diana Hodali
12. Dezember 2019

Der US-Kongress steht Saudi-Arabien immer kritischer gegenüber; die US-Regierung glaubt, sie sei auf Saudi-Arabien angewiesen. Trump versuche, in jeder Krise für das Land einzustehen, sagt Nahost-Experte Guido Steinberg.

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Japan Osaka | G20 Gipfel | Donald Trump und Mohammed Bin Salman
Bild: Reuters/Courtesy of Saudi Royal Court/B. Algaloud

Deutsche Welle: Kürzlich haben die USA Mohammed al-Otaibi, der zum Zeitpunkt der Ermordung von Journalist Jamal Khashoggi in der Istanbuler Botschaft Konsul war, die Einreise verweigert. Was sagt das über den Zustand der saudisch-amerikanischen Beziehungen aus?

Guido Steinberg: Man kann an diesem Einreiseverbot beobachten, dass die amerikanisch-saudischen Beziehungen durch die Ermordung von Jamal Khashoggi stärker beeinträchtigt sind, als das scheinen mag. Einerseits möchte Präsident Donald Trump  Saudi-Arabien vor jeder Kritik schützen. Auf der anderen Seite ist der Kongress viel Saudi-Arabien-kritischer geworden. Mohammed al-Otaibi wurde nach dem Mord an Khashoggi sofort aus der Botschaft in Istanbul abgezogen. Ich gehe eher davon aus, dass dieses Einreiseverbot dem Ziel diente, Reaktionen auf die Anwesenheit Al-Otaibis in den USA zu verhindern. Otaibi wurde zwar nach dem Mord an Khashoggi als Konsul abgezogen. Welche Rolle er genau spielte, ist unklar. Aber er hat zumindest nicht versucht, diesen Mord zu verhindern, und gilt daher als Teil des Mordkomplotts.

1. Jahrestag der Ermordung von Jamal Khashoggi
Im Oktober 2018 wurde der saudische Journalist Jamal Khashoggi in der saudischen Botschaft in Istanbul ermordetBild: picture-alliance/dpa/L. Pitarakis

Ein Sicherheitstraining Saudi-Arabiens in Florida wurde beendet, als ein saudischer Journalist auf der Marinebasis in Pensacola plötzlich das Feuer eröffnete und dabei mindestens drei Menschen tötete. Kurze Zeit später twitterte Donald, der saudische König Salman habe in einem Anruf sein Beileid ausgedrückt und den "barbarischen Akt" verurteilt. Welche Strategie verfolgt Trump?

In so einer Situation, bei der drei Amerikaner getötet wurden, muss man reagieren. Es ist also vollkommen klar, dass das Training ausgesetzt wurde. Die Regierungsspitze - vor allem Präsident Trump - versucht, trotz wiederholter Krisenerscheinungen Saudi-Arabien an Bord zu halten. Für die Trump-Administration ist Saudi-Arabien eine Art Ankerland im Kampf gegen die Iraner im Nahen Osten. Die amerikanische Regierung glaubt, dass sie auf eine ganz enge Kooperation mit Saudi-Arabien und mit Mohammed bin Salman angewiesen ist. Deswegen versucht Trump, in jeder Krise für Saudi-Arabien einzustehen in Washington. Ich sehe darin überhaupt keinen Widerspruch, sondern wir sehen eine Beziehung in der Krise, und der Präsident versucht, sie aus übergeordneten Interessen zu retten.

Seit wann befindet sich denn diese Beziehung in einer Krise?

Die Krise hat bereits vor längerer Zeit begonnen; man kann sie sogar bis ins Jahr 2003 zurückdatieren. Es gibt auf saudi-arabischer Seite große Zweifel an der Verlässlichkeit der Amerikaner. Diese Zweifel hat es schon in der Zeit von Präsident Obama gegeben. Wenn es eine Sache gibt, die Obama und Trump vereint, dann ist es der Wunsch, amerikanische Soldaten aus dem Nahen Osten zurückzuholen und sich auf die große strategische Frage des 21. Jahrhunderts zu konzentrieren: auf das Verhältnis zu China. Das hat die saudisch-amerikanischen Beziehungen schon lange vor dem Khashoggi-Mord belastet. Dazu kommt, dass die Saudi-Araber ein problematischer Akteur sind, die immer wieder Fehler und auch Verbrechen begehen. Dazu gehört zum Beispiel der Jemen-Krieg, dazu gehört auch die Art und Weise, wie der Krieg geführt wird. Aber natürlich gehört auch der Mord an Jamal Khashogghi dazu. Diese Einzelfälle wirken zusätzlich belastend.

Islam-Experte Guido Steinberg
Guido Steinberg ist Saudi-Arabien-Experte bei der SWP Berlin Bild: picture-alliance/Eventpress

Die USA unterhalten aber auch Kontakte zu Katar -  und das, obwohl Saudi-Arabien und Katar kein gutes Verhältnis haben.

Das ist ein relativ neues Phänomen. Die politische Elite der USA ist insgesamt der Meinung, dass Saudi-Arabien ein wichtiger Partner ist. Es gibt allerdings jetzt Stimmen, die fordern, dass diese Beziehungen zurückgefahren werden sollten. Diese Stimmen sind vor allem im Kongress laut, aber auch in Teilen der Bürokratie. Auf der Gegenseite stehen die, die mit Saudi-Arabien den Iran bekämpfen wollen. Dieses Lager wird angeführt vom Präsident Trump.

Die Saudis akzeptieren natürlich, dass die Amerikaner in Katar eine wichtige Militärbasis unterhalten. Sie sind realistisch genug, um zu verstehen, dass die Amerikaner die Beziehungen zu einem so wichtigen Gasexporteur nicht kündigen wollen. 

Wie wird sich das Verhältnis zwischen den USA, Saudi-Arabien und dem Iran im kommenden Jahr entwickel?

Trump wird bis zur Wahl seine pro-saudische Linie weiterfahren. Das ist vollkommen klar. Er setzt auf die Saudi-Araber als Partner zur Eindämmung des iranischen Einflusses. Trump plant bereits für seine zweite Amtszeit - da bin ich sicher. In der zweiten Amtszeit muss er weniger Rücksicht nehmen, da er nicht mehr wiedergewählt werden kann. Ich kann mir gut vorstellen dass, sollte er erneut Präsident werden, wir eine Eskalation mit dem Iran erleben werden. Darauf bereitet sich Trump vor, das ist ganz deutlich.

Guido Steinberg ist Nahost- und Terrorismus-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin. Von 2002 bis 2005 war er Referent für internationalen Terrorismus im Bundeskanzleramt.

Das Gespräch führte Diana Hodali