Tote nach russischem Angriff auf Kupjansk in der Ukraine
26. August 2023
Das Wichtigste in Kürze:
- Tote bei russischem Angriff im Nordosten der Ukraine
- Medien: Ukraine greift Krim mit Drohnen an
- Flugschreiber von Prigoschins abgestürztem Jet geborgen
- Nachbarländer wollen Importstopp für ukrainisches Getreide verlängern
Mindestens zwei Zivilisten sind nach offiziellen Angaben beim Beschuss eines Vororts der ukrainischen Stadt Kupjansk getötet worden. "Der Feind hat ein ziviles Objekt getroffen, ein Café, in dem tagsüber Einwohner waren", teilte der Gouverneur der Region Charkiw, Oleh Synehubow, per Telegram mit. Neben den beiden Todesopfern gebe es auch noch einen Verletzten. Getroffen wurde die Ortschaft Podoly, ein Vorort von Kupjansk am östlichen Ufer des Oskil.
Die russischen Truppen haben in dem Gebiet ihre militärischen Anstrengungen verstärkt - als Gegengewicht zur ukrainischen Offensive im Süden des Landes. Am Donnerstag war ukrainischen Angaben zufolge eine ältere Frau bei einem russischen Angriff in einem anderen Ort nahe Kupjansk getötet worden. Die Ukraine hatte Anfang Juni eine groß angelegte Gegenoffensive gestartet, um die von Russland besetzten Gebiete zurückzuerobern.
Ukrainische Drohnenangriffe auf der Krim
Der ukrainische Geheimdienst SBU und Kiews Streitkräfte haben laut einem Bericht der "Ukrajinska Prawda" mit Drohnen militärische Stellungen auf der von Russland annektierten ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim angegriffen. Es gebe Dutzende Tote und Verletzte, berichtete das Internetportal unter Berufung auf informierte Kreise beim SBU. Veröffentlicht wurde auch ein Foto von Rauchwolken. Demnach soll die 126. Brigade der russischen Schwarzmeerflotte in dem Dorf Perewalnoje unweit der Krim-Hauptstadt Simferopol angegriffen worden sein. Auch andere ukrainische Medien berichteten darüber. Informationen dazu von russischer Seite gab es zunächst nicht. Die Angaben waren unabhängig nicht überprüfbar.
Die Drohnen schlugen den Berichten zufolge unter Umgehung der russischen Flugabwehr auch in ein Munitionslager ein. Auch Militärtechnik sei schwer beschädigt worden, hieß es. Die russischen Besatzer seien auf die Spezialoperation des Geheimdienstes SBU und der ukrainischen Streitkräfte nicht vorbereitet gewesen.
Russland meldet Drohnen auch über Belgorod
Die russischen Behörden meldeten unterdessen einen weiteren Drohnenangriff. In der an die Ukraine grenzenden Region Belgorod habe die russische Luftwaffe eine Drohne nahe dem Dorf Kupino abgeschossen, teilt Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow mit. Berichte über Verletzte oder Schäden gebe es nicht. Beim Beschuss eines anderen Dorfes, Urasowo, seien dagegen vier Menschen verletzt und Gebäude beschädigt worden. Der Gouverneur machte die Ukraine für beide Angriffe verantwortlich.
Die Regierung in Kiew äußerte sich zunächst nicht. Sie nimmt in der Regel nicht Stellung zu Vorwürfen, russisches Territorium anzugreifen. Zuvor hatte es bereits Berichte über eine vereitelte Drohnenattacke auf die Region Moskau gegeben. Russland überzieht die Ukraine seit mehr als eineinhalb Jahren mit Raketen-, Drohnen- und Artillerieangriffen.
Ukrainische Kampfpiloten ums Leben gekommen
Bei einem Zusammenstoß von zwei ukrainischen Kampfjets sind drei Piloten ums Leben gekommen. Der Unfall mit den Militärflugzeugen des Typs L-39 habe sich am Freitag über der Region Schytomyr, westlich der Hauptstadt Kiew, ereignet, teilt die ukrainische Luftwaffe mit. Es laufe eine Untersuchung zu den Ursachen. Den Familien der Piloten sprach die Luftwaffe ihr Beileid aus.
Selenskyj drängt zur Eile für F-16-Einsatz
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj drängt zur Eile für einen Einsatz der Kampfjets vom Typ F-16 gegen die russische Aggression. "Unser Ziel ist es, uns an den Zeitpunkt anzunähern, da die F-16 uns helfen, die russischen Terroristen fernzuhalten. So schnell wie möglich", teilte er auf X, vormals Twitter, mit.
Nach der angekündigten Lieferung der Kampfflugzeuge durch die Niederlande und Dänemark würden die dort bei seinen jüngsten Besuchen getroffenen Vereinbarungen umgesetzt, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft. Auch Norwegen hatte angekündigt, F-16-Maschinen bereitzustellen. Insgesamt geht es um Dutzende Flugzeuge. Der genaue Lieferzeitpunkt ist nicht klar. Mit den Kampfjets will die Ukraine bei ihrer Gegenoffensive die Schlagkraft gegen die russischen Angriffe erhöhen und vor allem ihren Luftraum - gemeinsam mit den Flugabwehrsystemen - noch besser schützen als bisher.
Ukraine: Russland bereitet neue Offensive vor
Russland zieht nach Darstellung der Ukraine seine Truppen für eine neue Offensive zusammen. "Nach einem Monat heftiger Kämpfe und erheblichen Verlusten bei Kupjansk und Lyman ordnet der Feind seine Kräfte und Mittel neu", erklärte Generaloberst Oleksandr Syrskyj, der Kommandeur der ukrainischen Bodentruppen.
Es müssten unverzüglich Schritte zur besseren Verteidigung der gefährdeten Frontabschnitte eingeleitet werden. Einzelheiten nannte er nicht. Die Angaben können von unabhängiger Seite nicht überprüft werden. Eine russische Stellungnahme liegt nicht vor.
Zusammenarbeit mit Teheran bleibt
Russland hält demonstrativ an seiner militärischen Zusammenarbeit mit dem Iran fest. "Wir sind unabhängige Staaten und werden uns nicht dem Diktat der USA oder deren Satelliten unterwerfen", sagte Vize-Außenminister Sergej Rjabkow. "Es gibt keine Veränderungen, und die Kooperation mit dem Iran wird fortgesetzt." Zuvor hatten die USA Medienberichten zufolge die Führung in Teheran aufgefordert, Verkäufe von Drohnen nach Russland einzustellen.
Russische Truppen setzen bei ihren Angriffen in der Ukraine seit einiger Zeit Drohnen des Typs Schahed aus iranischer Produktion ein. Die Regierung in Moskau hat diese Darstellung bisher zurückgewiesen. Der Iran erklärte, Drohnenlieferungen an Russland hätten nur vor Beginn der russischen Invasion im Februar 2022 stattgefunden. Laut US-Regierungskreisen sollen aber seit August 2022 noch mehrere Hundert Stück an Russland übergeben worden sein.
Makeiev beklagt zögerliche Unterstützung
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, führt eine zögerliche militärische Unterstützung der westlichen Partner als einen Grund für Schwierigkeiten bei der laufenden ukrainischen Gegenoffensive an. "Russland hatte Zeit, um sich zu verbarrikadieren", sagte Makeiev im "Interview der Woche" des Deutschlandfunks.
"Man hat sehr lange gebraucht, um die ukrainischen Angriffsbrigaden vorzubereiten und auszustatten." Diese Brigaden seien nun mit westlichen Waffen und Munition ausgerüstet. Er verwies dabei auch auf die Debatten in Deutschland um die Lieferung von Schützenpanzern und Flugabwehrsystemen.
Moskau: Flugschreiber von Prigoschin-Jet geborgen
Die Ermittler im Fall des abgestürzten Flugzeugs, in dem der russische Söldnerführer Jewgenij Prigoschin gesessen haben soll, konnten nach eigenen Angaben die Flugschreiber der Maschine sicherstellen. Das Untersuchungskomitee teilte auf seinem Telegram-Kanal mit: "Eine eingehende Untersuchung der Absturzstelle ist im Gange." Zudem seien zehn Leichen gefunden worden. "Derzeit werden molekulargenetische Analysen durchgeführt, um ihre Identität festzustellen", heißt es weiter.
Der Passagierliste zufolge zählen Prigoschin und andere Führungsmitglieder der Privatarmee Wagner zu den Opfern. Eine offizielle Bestätigung seines Todes steht aber aus. Dmitrij Peskow, der Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin, hat Anschuldigungen über eine Verwicklung des Kremls in den mutmaßlichen Tod Prigoschinsals "absolute Lüge" zurückgewiesen.
Der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow hält das Dementi des Kremls zu einer möglichen Verwicklung in den Flugzeugabsturz für unglaubwürdig. Für die Gegenoffensive der Ukraine spiele das weitere Schicksal der Wagner-Gruppe keine Rolle, sagte Resnikow in einem Interview der Zeitungen "Bild", "Welt" und "Politico". Die Söldnertruppe sei inzwischen in die russischen Streitkräfte oder in ein privates Unternehmen in Afrika integriert worden, ein Teil sei in Belarus stationiert. "Es gibt keine Wagner-Gruppe mehr, wie man sie als ernsthafte Streitmacht vor einem Jahr sehen konnte. Sie ist kaputt."
Weiteres Schiff verlässt Hafen von Odessa - trotz russischer Blockade
Ungeachtet des von Russland verkündeten Endes für das Getreideabkommen mit der Ukraine ist ein Schüttgutfrachter aus dem Hafen von Odessa ausgelaufen. Das Schiff ist nach Angaben des Schiffsdatenerfassers Marinetraffic auf dem Weg nach Warna in Bulgarien. Die "Primus" ist bereits der zweite Frachter, der trotz der von Russland wieder verhängten Seeblockade über ukrainische Häfen aus Odessa ablegt. Das Schiff lag seit Ende Februar im Hafen. Welche Ladung es an Bord hat, ist nicht bekannt.
Nach dem Aus des Getreideabkommens wurde im Schwarzen Meer ein "humanitärer Korridor" eingerichtet, über den Schiffe, die seit Kriegsbeginn in Häfen festsitzen, die Ukraine trotz russischer Drohungen verlassen können. Vergangene Woche erreichte die "Joseph Schulte" als erstes Schiff über den Korridor Istanbul.
Nachbarländer der Ukraine wollen Importstopp für ukrainisches Getreide verlängern
Westliche Nachbarländer der Ukraine haben sich einstimmig für eine Verlängerung der Einfuhrbeschränkungen für ukrainisches Getreide ausgesprochen. „Wir unterstützen eine Verlängerung des Importstopps in unsere Länder bis zum Ende des Jahres", erklärte der polnische Landwirtschaftsminister Robert Telus nach einer Videokonferenz mit seinen Amtskollegen aus Ungarn, Rumänien, der Slowakei und Bulgarien.
Sollte die EU einer Verlängerung der Einfuhrbeschränkungen nicht zustimmen, werde Polen diese einseitig aufrechterhalten, betonte Telus. Auch Ungarn werde so verfahren. Die bisherige Vereinbarung mit der EU läuft am 15. September aus.
Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hatte die EU die Zölle auf ukrainische Exporte gestrichen. Landwirte in den Nachbarländern der Ukraine protestierten jedoch gegen den dadurch verursachten Preisverfall. Im Juni erlaubte Brüssel Polen, Bulgarien, Ungarn, der Slowakei und Rumänien vorübergehend Einfuhrbeschränkungen für ukrainisches Getreide einzuführen. Die Ukraine kritisierte diese Importstopps scharf.
qu/ust/haz/nob/uh/jj (dpa, rtr, afp)
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.