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Vatikan weist Forderungen Merkels zurück

3. Februar 2009

In überraschender Schärfe hat Merkel den Papst in der Debatte über den Umgang mit dem Holocaust zu einer Klarstellung aufgefordert. Vatikan-Sprecher wiesen die Kritik harsch zurück. Der Papst sagt nichts mehr dazu.

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Kanzlerin Merkel (links), hier 2006 zu Gast bei Benedikt XVI. (rechts) in Castel Gandolfo. Sie hält ein Papier in der Hand
2006 herrschte offensichtlich noch gute Laune beim Empfang des Papstes für die BundeskanzlerinBild: AP

Der Papst müsse "sehr eindeutig" erklären, dass es keine Leugnung des Holocaust geben dürfe, verlangte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Dienstag (03.02.2009) vor der Presse in Berlin. Normalerweise sei es nicht ihre Aufgabe, innerkirchliche Entscheidungen zu bewerten. Aber in der aktuellen Debatte gehe es um grundsätzliche Fragen bis hin zu einem "positiven Umgang mit dem Judentum insgesamt". Die erforderlichen Klarstellungen des Oberhaupts der katholischen Kirche seien aus ihrer Sicht noch nicht erfolgt, so die CDU-Chefin.

Merkel, selbst eine protestantische Pfarrerstochter, hatte sich auch zuvor schon bei verschiedenen Anlässen wiederholt entschlossen gegen Holocaust-Leugner gewandt.

"Weitere Erklärungen unangebracht"

Der Vatikan wies die Kritik der Bundeskanzlerin umgehend zurück. Der Papst habe mit aller Klarheit seine "volle und nicht zur Diskussion stehene Solidarität" mit den Juden erklärt und sich gegen jede Leugnung oder Relativierung der Judenvernichtung ausgesprochen, sagte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi. Weitere Erklärungen seien nicht nötig und unangebracht. Die Haltung Benedikt XVI. zum Holocaust sei sehr deutlich ausgedrückt worden. Die Aufhebung der Exkommunikation für vier umstrittene Geistliche habe "nichts mit einer Billigung leugnender Haltungen gegenüber dem Holocaust zu tun", so Lombardi.

Der deutsche Pontifex gab denn auch auf seiner wöchentlichen Generalaudienz am Mittwoch (04.02.2009) in Rom keinen neuen Kommentar zu dem Streitthema ab.

Der britische Bischof Williamson (dpa)
Der umstrittene britische Bischof Williamson

Die vor knapp zwei Wochen getroffene Entscheidung Benedikts, vier Traditionalisten der ultra-konservativen Piusbruderschaft per Dekret wieder in die katholische Kirche aufzunehmen, hatte zunächst für Unverständnis, dann für breite Proteste gesorgt. Zu den vier Rehabilitierten gehört auch der umstrittene britische Bischof Richard Williamson.

Dieser hatte in einem Interview mit dem schwedischen Fernsehen behauptet, den Holocaust mit Gaskammern und sechs Millionen ermordeten Juden habe es nicht gegeben. In einem Brief an den Vatikan hatte sich Williamson zwar für seine Äußerungen entschuldigt, diese aber nicht zurückgenommen.

Deutliche Worte deutscher Bischöfe

Auch von deutschen Bischöfen kamen deutliche Worte. Der Mainzer Kardinal Karl Lehmann hatte bereits am Montag eine klare Entschuldigung "von hoher Stelle" gefordert. Die Wiederaufnahme von Williamson bezeichnete Lehmann als Katastrophe für alle Holocaust-Überlebenden. Der Papst müsse klarstellen, dass die Leugnung des Holocaust kein beliebiges Kavaliersdelikt sei.

Benedikt XVI. mit ausgebreiteten Armen, daneben ein Vertreter des Vatikan und ein Schweizer Gardist
In einer Generalaudienz im Vatikan am 28. Januar hatte der Papst "volle Solidarität mit den Juden" bekundetBild: AP

Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode sagte, in seiner Gemeinde reichten die Reaktionen auf das Vorgehen des Vatikan von "Irritationen bis Entsetzen". Ein Holocaust-Leugner dürfe in der katholischen Kirche nicht geduldet werden. Benedikt habe mit seiner Entscheidung einen "ganz positiven Schritt tun" wollen, sei dabei aber "schlecht beraten" gewesen.

Der Berliner Erzbischof, Kardinal Georg Sterzinsky, forderte eine Korrektur der Papst-Entscheidung. Es müsse "sofort angekündigt werden", dass eine Überprüfung stattfinde, sagte Sterzinsky auf DW-TV, dem Fernsehsender der Deutschen Welle. Auch der Tübinger Theologe Hans Küng empfahl im ZDF, die Aufhebung des Kirchenbanns gegen die vier Bischöfe der Piusbrüderschaft rückgängig zu machen. Er räumte ein, das es für eine derartige Rücknahme kein Beispiel in der katholischen Kirchengeschichte gebe.

Zentralrat der Juden: Am Dialog festhalten

Die Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, wollte, als die Aufnahme Williamsons bekannt wurde, die inter-religiösen Gespräche schon abbrechen. Moderatere Töne kamen am Dienstag vom Generalsekretär der Organisation, Stefan Kramer. Er forderte zwar eine "deutliche Klarstellung" des Papstes zur Rehabilitierung des umstrittenen Bischofs. Er empfinde es aber als sinnvoll, wenn der Papst nach der Aufhebung der Exkommunikation Williamsons nun auf die jüdische Gemeinde zugehe und ein Gespräch initiiere. Trotz der schwierigen Situation halte er einen Abbruch der Kontakte "mit unseren Freunden in der katholischen Kirche" nicht für richtig, so Kramer. Damit bestrafe man dann die Falschen.

Der Deutsche Koordinierungsrat der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit teilte denn auch am Dienstag mit, die "Woche der Brüderlichkeit" finde wie geplant am 1. März statt.

Vatikan will Wogen glätten

Auch der Vatikan ist um eine Entschärfung der Diskussion bemüht. Dem Papst und seinen Mitarbeitern liege auch künftig an guten Beziehungen zum Judentum, sagte Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone der italienischen kathologischen Tageszeitung "Avvenire" vom Dienstag. Die Pius-Priesterbruderschaft habe sich von den Äußerungen ihres Mitbruders Williamson distanziert und den Papst "für diese unerfreuliche Episode um Verzeihung gebeten", so Bertone, die Nummer Zwei im Vatikan. Der Papst selbst habe sich klar geäußert. Die Angelegenheit sei aus seiner Sicht "erledigt". (sam/sc)