Vlad III: Weinte der echte Graf Dracula blutige Tränen?
23. August 2023Schon beim Namen Dracula stellen sich einem die Nackenhaare auf. Ein im Sarg schlummernder Untoter, der in der Nacht seinen Opfern das Blut aus dem Hals saugt. Gruselig!
Und dieser Graf Dracula soll laut einer neuen Studie aus den Augen geblutet haben. Der perfekte Horror!
Grausame Romanvorlage
Als historische Vorlage für diesen Vampir gilt Fürst Vlad III., der vor rund 550 Jahren im heutigen Rumänien besonders grausam regierte.
Als "Vlad der Pfähler" wird er für den Tod von mehr als 80.000 Menschen verantwortlich gemacht. Viele osmanische Gefangene, darunter selbst Kinder, ließ Drăculea (der Sohn des Drachen) auf Pfähle aufspießen. Die Erzählungen über seine Grausamkeit verbreiteten sich über die Landesgrenzen hinweg und inspirierten den irischen Schriftsteller Bram Stoker 1897 zu dem Klassiker "Dracula".
Um mehr über dieses historische Vampirvorbild zu erfahren, haben Forschende um Maria Pittala von der Universität Catania in Italien drei handschriftliche Briefe des Fürsten analysiert, die Vlad III. in den Jahren 1457 und 1475 an die Regierenden der rumänischen Stadt Sibiu geschrieben hatte. Zwei dieser Briefe hatten mehr als 500 Jahre weitgehend unberührt in den städtischen Archiven geschlummert.
Protein-Spuren auf drei Briefen
Insgesamt fanden die Forschenden 575 unterschiedliche Proteinbestandteile menschlichen Ursprungs. Denn selbst bei Briefeschreiben sammeln sich Hautschuppen, Schweiß und Talg auf dem Papier und selbst Jahrhunderte später lassen sich diese Proteine nachweisen.
Dazu wird eine spezielle Folie aus Ethylenvinylacetat (EVA) auf das historische Dokument gepresst, die Proteine und Peptide bindet. Die so isolierten Moleküle werden dann mittels Massenspektrometrie zugeordnet.
Von den 575 entdeckten Peptiden konnten letztlich 16 isoliert werden, die möglicherweise von Graf Vlad III. stammen. Und von diesen 16 Peptiden deuteten wiederum drei auf Blut und Tränenflüssigkeit hin. Zudem könnte der Schreckensfürst unter Entzündungen der Atemwege und der Haut gelitten haben.
Wie kommt es zu blutigen Tränen?
Dass Vlad III. wohlmöglich blutige Tränen vergoss, könnte an einer seltenen Störung gelegen haben. "Er litt wahrscheinlich, zumindest in den letzten Lebensjahren, an einer Erkrankung namens Hämolacria. Das heißt, er konnte mit Blut vermischte Tränen vergießen", so Professor Vincenzo Cunsolo von der Universität Catania.
Diese spektakulären Schlussfolgerungen, dass ausgerechnet der grausame Graf Dracula blutige Tränen vergossen haben soll, sollte man natürlich mit Vorsicht genießen. Auch wenn die Briefe lange verschlossen in Archiven lagerten, sind sie natürlich im Laufe der Jahrhunderte mit vielen Menschen in Berührung gekommen. "Zwar können wir nicht ausschließen, dass im Mittelalter auch andere Menschen diese Briefe angefasst haben, aber es ist anzunehmen, dass die prominentesten Proteine von dem Menschen stammen, der diese Briefe schrieb und unterzeichnete - Fürst Vlad III", heißt es in der Studie.
Allerdings stimmen die jetzt gewonnenen Belege mit historischen Berichten überein, wonach Vlad III. tatsächlich unter dieser Störung gelitten haben soll.
Was ist Hömolacria?
Blut in der Tränenflüssigkeit (Hämolacria) kann in sehr seltenen Fällen durch Infektionen und Verletzungen verursacht werden. Blutige Tränen werden aber auch mit einem Tumor in dem Bereich in Verbindung gebracht.
Es ist zudem bekannt, dass dieses ungewöhnliche Phänomen in sehr seltenen Fällen bei Frauen während der Menstruation auftreten kann. In dieser Geschichte finden sich immer wieder vereinzelte Fälle, wo Blut in der Tränenflüssigkeit etwa bei Nonnen oder tiefgläubigen Frauen als religiöses Stigma verehrt wurde.
Sogar Pestbakterien auf Dokumenten nachgewiesen
Jenseits der spektakulären Blutstränen bei der schaurigen Romanvorlage konnten die Forschenden auf den analysierten Briefen auch Spuren des sehr gefährlichen Pestbakteriums Yersinia pestis nachweisen.
"Dieses Bakterium verursachte von 1347 bis 1352 den Tod von gut 25 Millionen Menschen in Europa und es dauerte 150 Jahre, bis sich die europäische Bevölkerung von dieser Katastrophe erholte", so die Forschenden um Maria Pittala. "Der Süden Rumäniens war ein strategisch wichtiger Ort, weil er als Treffpunkt für Soldaten, Sklaven und Händler aus ganz Europa und dem Orient diente". So gerieten mit den umherwandernden Menschen sehr viele Krankheitserreger in Umlauf, die katastrophale Epidemien auslösten.