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"Wege-Irrwege-Umwege"

Marcel Fürstenau/(fro)26. April 2002

Eine Berliner Ausstellung zeichnet die Entwicklung der parlamentarischen Demokratie in Deutschland nach. Dargestellt wird eine Zeitspanne von 150 Jahren, beginnend mit der gescheiterten Revolution von 1848/49.

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Wolfgang Thierse eröffnete die Dauerausstellung im Deutschen DomBild: AP

Mehrere Zehntausend Menschen protestierten 1948 vor dem Berliner Stadtschloss für Pressefreiheit und mehr Demokratie. Forderungen, die erst Jahrzehnte später verwirklicht wurden. Rückschläge gab es immer wieder. Knapp 100 Jahre nach der gescheiterten Revolution kamen die Nationalsozialisten an die Macht - das vorläufige Ende der Demokratisierung. Parlamentspräsident Wolfgang Thierse wehrt sich gegen ein "Pleiten, Pech und Pannen"-Geschichtsbild: "Die Wege zur deutschen parlamentarischen Demokratie haben sich nicht als Holzwege erwiesen. Sie waren ein letztendlich erfolgreicher Weg und zugleich der Brückenschlag zu einem friedlichen und geeinten Europa".

Wolfgang Thierse Wege-Irrwege-Umwege Ausstellung mit Hakenkreuz
Bild: AP

Video- und Audio-Dokumente in Hülle und Fülle

Der erste Versuch, in Deutschland die parlamentarische Demokratie zu installieren, glückte nach der November-Revolution 1919. Nach dem Sturz Kaiser Wilhem II. rief der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann im Reichstag die Republik aus. Historische Aufnahmen in Wort, Bild und Ton machen den Reiz der überarbeiteten Ausstellung aus. Der Besucher kann historische Debatten ansehen und anhören. Beispielsweise die Konstituierende Sitzung des Bundestages am 7. September 1949 oder die Debatte um den sogenannten NATO-Doppelbeschluß von 1983, der die Stationierung US-amerikanischer Raketen auf westdeutschem Boden zur Folge hatte, und zwar als Antwort auf die Stationierung sowjetischer Raketen auf ostdeutschem Boden.

Das deutsch-deutsche Verhältnis

Wege-Irrwege-Umwege Ausstellung
Bild: AP

Breiten Raum nimmt das deutsch-deutsche Verhältnis von 1949 bis 1990 ein. Die Existenz von zwei Staaten, die sich im Laufe der Zeit immer weiter voneinander entfernten. Die eine Seite als parlamentarische Demokratie, die andere als Schein-Demokratie. Und wer hätte ahnen können, daß der erste offizielle Staatsbesuch eines DDR-Staatsoberhauptes in der Bundesrepublik auch der letzte sein würde. So geschehen im September 1987, als Erich Honecker in Bonn mit militärischen Ehren von Bundeskanzler Helmut Kohl empfangen wurde.

Seine an Gastgeber Helmut Kohl gerichteten Worte waren betont nüchtern: "Träumereien am Kamin liegen uns fern. Wir gehen in unserer Politik stets von der Existenz von zwei voneinander unabhängigen, souveränen Staaten auf deutschen Boden aus: der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland, die im westlichen Bündnis verankert ist."

Wie illusionär beiden Seiten damals die deutsche Wiedervereinigung vorkam, war auch den Worten Helmut Kohls zu entnehmen: "Wir halten fest an der Einheit der deutschen Nation. Wir haben uns aber bemüht, bestehende Gegensätze und unlösbare Fragen eben nicht in den Vordergrund zu stellen, sondern uns auf das Jetzt und gegenwärtig Machbare und das Mögliche zu konzentrieren."

Der Fall der Mauer

Palast der Republik - Berliner Schloß
Bild: AP

Zwei Jahre später, 1989, wurde das vermeintlich Unmögliche möglich: Die Berliner Mauer fiel, der Traum von der deutschen Einheit wurde doch noch wahr. Der Weg zur parlamentarischen Demokratie in ganz Deutschland, das Thema der Dauer-Ausstellung in Berlin, war nach zahlreichen Irr- und Umwegen errreicht.

Der entscheidende Schritt war die friedliche Revolution in der DDR. Und über die Würdigung dieses Kapitels der jüngeren deutschen Geschichte freut sich Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, ein Ostdeutscher, am meisten: "Mit besonderer Freude und Anteilnahme sehe ich den Ausstellungsteil über die friedliche Revolution von 1989 und die erneute Einheit Deutschlands. Es ist bei allen Problemen, die uns seit dem beschäftigen, gut, sich von Zeit zu Zeit wenigstens an das Glücksgefühl jener Tage und Monate zu erinnern."

"Wege-Irrwege-Umwege" ist die Fortsetzung der Ausstellung "Fragen an die deutsche Geschichte", die während der deutschen Teilung im Reichtagsgebäude, dem heutigen Sitz des Bundestages, gezeigt wurde.