Weltreise: Ein Lehrer besucht die Herkunftsländer seiner Schüler
Jan Kammann wollte seine internationalen Schüler besser verstehen. Er ließ sich ein Jahr vom Schuldienst in Hamburg beurlauben und reiste - mit exklusiven Tipps - durch Europa, Asien, nach Lateinamerika und Afrika.
One world, one people
Jan Kammann, Lehrer für Englisch und Geografie, ließ sich vor seiner Reise durch 14 Länder von seinen Schülern kleine Reise- und Sprachführer schreiben. In Ghana spricht man Twi. Alle nannten ihn dort "Obruni", weißer Mann, und verabschiedeten sich mit "one world, one people", eine Welt, ein Volk. Seine Weltreise-Erfahrungen hat er im Buch "Ein deutsches Klassenzimmer" zusammengefasst.
Kochkurs in Südkorea
Die koreanische Schülerin Mi-Sun hatte ihrem Lehrer die Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt und die koreanische Küche wärmstens empfohlen. Jan Kammann und seine Freundin Luisa Wolff lernten aus ihrem Reiseführer die wichtigsten Vokabeln und Höflichkeitsregeln. Sie besuchten in Seoul die Kochschule "O me" - die fünf Geschmäcker. Bis heute kocht er gerne das Reis-Nationalgericht Bibimbap.
Draußenkultur im iranischen Isfahan
"Isfahan ist die Hälfte der Welt", hörte Jan Kammann überall im Iran. Er bestaunte reich verzierte Moscheen, Parks und Brücken und war fasziniert, dass hier - wie im ganzen Land - bei Sonnenuntergang die Menschen in Parks und auf Plätzen picknicken und das Leben genießen. Ständig wurde er eingeladen und verstand, dass seine Schüler aus dem Iran in Deutschland "die Draußenkultur vermissen".
Reiseführer für Afghanistan
Sehenswürdigkeiten, Spezialitäten und die wichtigsten Redewendungen haben die Schülerinnen und Schüler ihrem weltreisenden Lehrer in den selbstgemachten Reiseführern aufgeschrieben. Nach Afghanistan allerdings reiste er nicht, die Sicherheitslage mit dem Terror der Taliban ließ das ebenso wenig zu wie ein besorgter afghanischer Vater. Jan Kammann traf trotzdem afghanische Jugendliche - im Iran.
Besuch im Klassenzimmer
Weil Kinder aus Afghanistan im Iran an staatlichen Schulen nicht unterkommen, unterrichten Ehrenamtliche die Jungen und Mädchen am Stadtrand Teherans. "Seekers of Knowledge" nennen sie ihr Schulprojekt, das der Lehrer besuchte. Die meisten kennen Afghanistan gar nicht. Viele versuchen vor und nach der Schule, mit dem Verkauf von Billigartikeln auf der Straße Geld für die Familie zu verdienen.
Abstecher in die Mongolei
Zwar hatte Jan Kammann keine Schüler aus der Mongolei, er nutzte die Durchreise für einen persönlichen Eindruck vom Leben in der Hauptstadt Ulan-Bator und dem der Nomaden in der weiten Steppe. Methode der Reiseführerin: Abends irgendwo eine Familie finden, die die Reisenden für die Nacht in ihre Jurte aufnimmt. Nach dem Essen schauten sie zusammen eine mongolische Castingshow im Fernsehen.
Bahnsteig in Moskau
Aus Moskau wollte Jan Kammann mit dem Zug über Weißrussland zurück bis nach Hamburg fahren, doch dann klappte es nicht rechtzeitig mit dem Visum für Weißrussland. Eigentlich ganz lehrreich, findet Kammann. Von seinen Schülern kennt er viele Probleme mit Pässen, Visa und Reisegenehmigungen für Schulfahrten. Als Inhaber eines deutschen Passes sei man sehr privilegiert, sagt er.
Abschied von Fidel Castro
Gedämpft und bedrückt wirkte die kubanische Kleinstadt, in der Jens Kamman und Luisa Wolff Ende November 2016 aufwachten. Eine Kellnerin sagte mit zitternder Stimme: "El Maximo Lider Fidel Castro es muerto!", der große Anführer Fidel Castro ist tot. Die Reisenden erlebten in Havanna die offizielle Trauerfeier mit.
Vulkan-Erkundungen in Nicaragua
"Es ist ein sicheres Land", betonte Ricardo aus Nicaragua, als sein Lehrer 2016 seine Reise plante. Mittlerweile sei das leider anders, sagt er der DW. Jan Kammann hat er empfohlen, die vielfältige Vulkanlandschaft mit Lava-Seen ebenso zu erkunden wie den tropischen Wald und den Kaffeeanbau. Die meisten Deutschen wissen wenig über Lateinamerika, findet Ricardo.
Wer nicht zur Schule kommt, wird besucht
Viele Kilometer lief Jan Kammann mit Mary Dennis durch Cape Coast am Golf von Guinea. Die engagierte Frau, die alle "Sister Mary" nennen, besucht Familien, deren Kinder nicht in der Schule erscheinen, weil sie mit Gelegenheitsjobs zum Familienunterhalt beitragen. Mit der "Dennis Foundation" unterstützt sie die Schwächsten und kämpft für Bildungschancen. Nur so könne Ghana die Armut überwinden.
Rappen in Accras Toxic City
In Ghanas Hauptstadt Accra werden alte Computer, Fernseher und Elektrogeräte aus Europa zerschlagen und verbrannt, um Rohstoffe zurückzugewinnen. Viele Jugendliche arbeiten in der sogenannten Toxic City. Die giftigen Dämpfe machen benommen und lassen die Augen tränen. Jan Kammann traf McCarthy Bwoy, der über Armut und Aussichtslosigkeit rappt. Er sei kein Verbrecher, textet er, er sei nur arm.
Kammanns Klasse in China
Die Weltreise von 2016/17 war nicht die erste Auslandserfahrung von Jan Kammann. Er unterrichtete auch schon ein halbes Jahr in Südafrika und zwei Jahre in China. Eine wichtige Erfahrung, weil er sich damals so "sprachlos" und ausgeliefert fühlte wie viele seiner internationalen Schüler in Deutschland, sagt Jan Kammann. Dieses Foto zeigt seine Klasse von 2009 im Nordosten Chinas.