Neue EU-Außenministerin
20. November 2009Von der Vorsitzenden der Gesundheitsbehörde in Herfortshire zur Stimme Europas - und das alles in elf Jahren. Die Karriere von Catherine Ashton sei die steilste in der jüngeren politischen Geschichte, schrieb der Kommentator des britischen Fernsehsenders "Channel 4".
Kaum jemand kennt sie
Selbst in den britischen Zeitungen wird Ashton als unbekanntes Gesicht bezeichnet - nicht nur im Ausland, sondern auch in Großbritannien selbst. Ihr Lebenslauf ist dünn und sie wurde nie in ein politisches Amt gewählt, sondern gelangte über die Funktionärslaufbahn nach oben. Die studierte Wirtschaftswissenschaftlerin wurde 1998 Vorsitzende einer Provinz-Gesundheitsbehörde und arbeitete ab 2001 in verschiedenen Ministerien, zuletzt als Staatssekretärin für Bildung, Verfassungsfragen und Justiz. Das Außenministerium kam in ihrer Karriere nicht vor.
1999 hatte die Labour-Regierung Ashton in den Adelsstand erhoben, so dass sie die Partei im Oberhaus vertreten konnte. Von Gordon Brown wurde sie 2007 zur Fraktionsvorsitzenden gemacht. Sie ist eine seiner politischen Weggefährtinnen und machte als treue Parteiarbeiterin Karriere.
Der erste Schritt nach Brüssel
Im Herbst 2008 schlug ihre große Stunde: Der Posten des EU-Handelskommissars wurde frei. Catherine Ashton ging nach Brüssel. "Wenn man ihren Lebenslauf anschaut ist da keine Qualifikation zu erkennen, um diesen Job zu übernehmen in so einer gefährlichen Zeit", sagte Nigel Farradge von der europaskeptischen Partei UK Independence (UKIP) damals bei der Anhörung im Parlament. Ashtons Antwort: "Ich kann verhandeln. Das ist es, was ich tue."
Eine bessere Antwort kann Catherine Ashton auch jetzt nicht geben. Als sie nach ihrer Qualifikation für das Amt der Außenbeauftragten gefragt wird, sagt sie: "Was ich mitbringe, sind 25 Jahre Verhandlungserfahrung in anderen Bereichen: im Gesundheitsbereich, in Entwicklungsfragen, im Justizministerium."
Die ersten Reaktionen der britischen Presse auf die Berufung von Catherine Ashton sind einigermaßen fassungslos. BBC-Korrespondent Gavin Hewett wundert sich nach der Entscheidung: Der Zweck des Treffens sei doch gewesen, dass Europa eine stärkere Stimme auf der Weltbühne bekommt. "Aber heute Nacht endeten die Verhandlungen mit einem Paar von Unbekannten." In der britischen Blogosphäre sind die Kommentare zu Catherine Ashton meist noch weniger höflich: Sie reichen von einfachem Gelächter über die Anmerkung, dass Ashton nie in ein Amt gewählt worden sei bis zu der Frage "Wer zum Teufel ist sie?"
Trostpreis oder heimliche Favoritin?
In der britischen Presse wird darüber spekuliert, wie ihre Ernennung zu Stande gekommen sein könnte. Manche sagen, Gordon Brown hätte Tony Blair nur halbherzig unterstützt, um dann die Bahn für seine Kandidatin freizumachen. Andere wiederum glauben, es sei eine Niederlage für den Premier, dass er Tony Blair nicht durchsetzen konnte. Baroness Ashton sei nur ein Trostpreis. Die europaskeptischen britischen Konservativen scheinen diese neue "Außenministerin Europas" jedenfalls nicht als Bedrohung zu betrachten.
Autorin: Barbara Wesel
Redaktion: Julia Kuckelkorn