Kommissionspräsidenten der EU, EG und EWG
16. September 2009Walter Hallstein war 1958 der erste Präsident der EU-Kommission. Er war bislang auch der einzige Deutsche, der das höchste Verwaltungsamt der Union innehatte. Hallstein, der zuvor die Verträge der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft für Deutschland ausgearbeitet hatte, saß einer winzigen Runde mit nur neun Kommissaren vor. Damals hatten nur die großen Mitgliedsländer Frankreich, Italien und Deutschland zwei Kommissare. Die Länder Belgien, Luxemburg und die Niederlande stellten dagegen nur einen Vertreter. Seit 1999 hat sich das geändert, jedes Land ist zu gleicher Anzahl vertreten und stellt nur noch einen Kommissar. Heute hat die EU-Kommission 27 Mitglieder. Von 2014 an, soll die Zahl auf 18 Vertreter sinken, welches Land dann auf seinen Repräsentanten verzichtet, ist noch unklar.
Europäisch Denken
Schon Hallstein bestand darauf, dass die Kommission ein supranationales Gremium sei, und eben nicht nur eine Ansammlung nationaler Vertreter. Der Präsident der EU-Kommission ist Erster unter Gleichen. Er hat die Aufgabe, der europäischen Politik Impulse zu geben, er muss die Einhaltung der EU-Verträge überwachen und er führt den inzwischen auf rund 20.000 Beamte angewachsenen Apparat der EU-Kommission. Der Präsident repräsentiert heute nur die politische Spitze der Kommission der europäischen Union, die tagtägliche Arbeit wird von den Generaldirektionen mit ihren Direktoren organisiert.
Im Laufe der Jahrzehnte hat das Amt des Kommissionspräsidenten immer mehr Bedeutung bekommen. Mit den Aufgaben der Europäischen Union wuchs auch der Einfluss der Kommission. Sie hat das alleinige Vorschlagsrecht für neue Gesetze und Richtlinien. Seit Beginn der Europäischen Gemeinschaft gab es immer einen Ringen um Einfluss zwischen Kommission, Ministerrat (der Vertretung der Regierungen) und dem Parlament.
Delors belebte Europa wieder
Besonders in Erinnerung ist in Brüssel EU-Kommissionspräsident Jacques Delors. Der Franzose überwand Ende der Achtziger Jahre die Lähmung Europas und bereitete die Gründung der heutigen Union sowie die Einführung der Gemeinschaftswährung Euro vor. Die nachfolgende Kommission des Luxemburgers Jacques Santer (1995-1999) ist vor allem in unrühmlicher Erinnerung, weil sie wegen eines Skandals der französischen Kommissarin Edith Cresson geschlossen zurücktreten musste. Der allgemein als etwas chaotisch geltende Italiener Romani Prodi (1999-2004) organisierte die Aufnahme von acht osteuropäischen Staaten nach dem Ende des Kalten Krieges. Der jetztige Amtsinhaber José Barroso versuchte in seinen ersten fünf Jahren eine Reihe von politischen Initiativen anzustoßen und legte besonderes Gewicht auf die Wirtschaftspolitik und die Bekämpfung des Klimawandels. In der kommenden Periode wird er sich mit den Folgen der Weltwirtschaftskrise und der Aufnahme der Balkanstaaten beschäftigen.
Deutscher Präsident 2014?
Die kürzeste reguläre Amtszeit als EU-Kommissionspräsident hatte der Niederländer Sicco Mansholt, der nur vom März 1972 bis Januar 1973 amtierte. Mansholt, der aber seit 1958 Landwirtschaftskommissar war, gilt als Vater der europäischen Agrarpolitik, des ausgeklügelten Subventionssystems, das bis heute Kern der Europäischen Union ist. Der derzeitige deutsche EU-Kommissar Günter Verheugen, zuständig für Industriepolitik und Bürokratieabbau, forderte im Sommer, dass 2014 als nächster EU-Kommissionspräsident nach Barroso wieder ein Deutscher nominiert werden müsse. Deutschland sei bei diesem wichtigen Amt unterdurchschnittlich vertreten, monierte Verheugen, der seit 1999 der Kommission angehört.
Die Ahnengalerie:
1958-1967 Walter Hallstein (Deutschland) Konservativ
1967-1970 Jean Ray (Belgien) Liberal
1970-1972 Franco Maria Malfatti (Italien) Christdemokrat
1972-1973 Sicco Mansholt (Niederlande) Sozialdemokrat
1973-1977 Francois Xavier Ortoli (Frankreich) Konservativ
1977-1981 Roy Jenkins (Großbritannien) Sozialdemokrat
1981-1985 Gaston Thorn (Luxemburg) Liberal
1985-1995 Jacques Delors (Frankreich) Sozialist
1995-1999 Jacques Santer (Luxemburg) Christdemokrat
1999-1999 Manuel Marín (Spanien) Übergangspräsident,Sozialist
1999-2004 Romani Prodi (Italien) Sozialdemokrat
2004-2009 José Barroso (Portugal) Konservativ
Autor: Bernd Riegert
Redaktion Heidi Engels