1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Gedenken an den Volksaufstand in der DDR

17. Juni 2009

Bundestag und -regierung haben den Volksaufstand vom 17. Juni 1953 gewürdigt. Er sei Teil der europäischen Geschichte von Freiheit und Einheit, sagte Bundestagspräsident Lammert.

https://p.dw.com/p/IHLW
Lammert spricht vor dem Bundestag (Foto: AP)
Bundestagspräsident Lammert hielt die Ansprache im BundestagBild: AP
Als einen Ausdruck des Freiheitswillens haben Regierung und Bundestag den Volksaufstand am 17. Juni 1953 in der damaligen DDR charakterisiert. Bundestagspräsident Norbert Lammert sprach am Mittwoch (17.06.2009) bei einer Feierstunde im Bundestag von einem herausragenden Datum der jungen deutschen Geschichte.

In hunderten Orten der DDR wurde protestiert

Aus Protest gegen die Erhöhung ihrer Leistungsanforderungen nach dem Motto "mehr Arbeit für gleichen Lohn" fanden im Frühsommer 1953 in hunderten Orten der DDR Streiks und Demonstrationen statt. Mehr als eine Million Menschen waren beteiligt.

Wowereit legt einen Kranz nieder (Foto: AP)
Gedenken an die zahlreichen Opfer des Aufstands: Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit legt auf dem Friedhof Seestraße in Berlin einen Kranz niederBild: AP

Volkspolizei, Stasi und das sowjetische Militär schlugen den landesweiten Aufstand blutig nieder. Allein in Berlin wurden hunderte sowjetische Panzer gegen die Demonstrierenden eingesetzt. Nach Schätzungen kamen zwischen 50 und 150 Menschen ums Leben. Rund 13.000 wurden verhaftet.

Blutige Tragödie

"Nach 36 Stunden endete alles in einer blutigen Tragödie", schilderte der ostdeutsche Philosoph und Theologe Richard Schröder die damalige Situation. Ebenso wie Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Kabinett nahm auch er an der Feierstunde im Bundestag teil.

"Gegen Panzer ist Zivilcourage machtlos", erklärte Schröder, der Mitglied der letzten, erstmals frei gewählten DDR-Volkskammer war. Damals sei zum ersten Mal der Wunsch nach Einigkeit und Recht und Freiheit mächtig geworden, der letztlich zur deutschen Einheit geführt habe.

Teil der gesamteuropäischen Freiheitsgeschichte

Bundestagspräsident Lammert bezeichnete das Gedenken an den 17. Juni auch als Teil des Erinnerns an die gesamte europäische Freiheits- und Einheitsgeschichte. In diesem Zusammenhang spiele die Solidarnosc-Bewegung in Polen eine herausragende Rolle.

Solidarnosc Denkmal am Reichstagsgebaude mit Kanzlerin Merkel (Foto: DW)
Ein Mauerstück der ehemaligen Danziger Lenin-Werft erinnert an die Solidarnosc-Bewegung in PolenBild: DW

Im Beisein seines polnischen Kollegen Bronislaw Koromowski, der sich mit einer Abgeordneten-Delegation in Berlin aufhielt, hob Lammert denn auch die Verdienste Polens um die Freiheit und um die Einheit Deutschlands und Europas hervor.

Polnisches Mauerstück

Daran soll künftig ein Mauerstück der ehemaligen Danziger Lenin-Werft an der Ostfassade des Berliner Reichstagsgebäudes erinnern. Über diese Mauer kletterte im August 1980 der damalige Arbeiterführer und spätere Staatspräsident Lech Walesa, um den Streik zu organisieren, der zur Gründung der Gewerkschaft Solidarnosc führte.

Bereits am Vormittag hatten Bundesarbeitsminister Olaf Scholz und der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, der Opfer des DDR-Volksaufstands gedacht. Sie legten Kränze auf dem Friedhof Seestraße in Berlin-Wedding nieder, wo ein Urnengrab an die Toten erinnert.

Auszeichnung für die DDR-Bürgerbewegung

Konrad Weiß, Freya Klier und Ehrhart Neubert(v.l.n.r.) nehmen den Preis stellvertretend entgegen (Foto: dpa)
Auszeichnung für ihre Rolle bei der friedlichen Revolution: Vertreter der DDR-BürgerbewegungBild: picture-alliance/ dpa

Nur wer sich die damalige Brutalität des DDR-Regimes vor Augen halte, könne den Mut der Menschen ermessen, die bei den Montagsdemonstrationen 1989 in Leipzig auf die Straße gegangen seien, sagte Scholz.

Zwanzig Jahre nach der friedlichen Revolution erhielt die frühere DDR-Bürgerbewegung den Point-Alpha-Preis 2009 der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. In seiner Festrede würdigte der ehemalige Bundesbeauftragte für die Unterlagen des DDR-Staatssicherheitsdiensts, Joachim Gauck, die besondere Rolle der Bürgerbewegung.

Eigenen Werte verteidigt

Sie habe zu ihren eigenen Werten gestanden und andere ermutigt, an ihre eigene Kraft zu glauben. Von der Bürgerbewegung zu lernen, heiße aber auch, "sich als Bürger zu bewähren, wenn die Diktatur vorbei ist", mahnte Gauck.

Die Preisverleihung fand auf dem Gelände des ehemaligen US-Camps Point Alpha an der hessisch-thüringischen Grenze bei Geisa statt.

Als "Tag der deutschen Einheit" war der 17. Juni in der Bundesrepublik ein gesetzlicher Feiertag. Seit 1990 ist der 3. Oktober als Tag der deutschen Einheit nationaler Feiertag. (uh/mas/dpa/ap/afp)