Kanzlerin fordert Durchbruch zu neuem Europa
14. November 2011Mit einem Aufruf zu Veränderungen und Reformbereitschaft hat Bundeskanzlerin Angela Merkel sich an ihre Parteifreunde und an ganz Deutschland gewandt. "Wir leben in Zeiten epochaler Veränderungen", stellte die Kanzlerin beim Bundesparteitag ihrer Christdemokraten am Montag (14.11.2011) in Leipzig fest. Daher sei es nötig, dass "alte Antworten" überprüft und neue gegeben werden müssten: "Das macht die Stärke der CDU aus. Das macht unsere Stärke für die Zukunft aus."
Konservative Kehrtwende
Vor den rund 1000 Delegierten verteidigte die Merkel, die auch CDU-Parteichefin ist, die geplanten Kursänderungen ihrer Konservativen. Dazu gehören Änderungen in der Bildungs-, Sozial- und Familienpolitik, aber auch die beschleunigte Abkehr von der Atomenergie und die jüngst vollzogenen Kehrtwende beim Thema Mindestlohn. Denn bislang hatte die CDU sich stets geweigert, Lohnuntergrenzen festzulegen.
"Niemand von uns will einen flächendeckenden, einheitlich politisch festgelegten gesetzlichen Mindestlohn", sagte Merkel. Es sei aber nun einmal so, dass es nicht in allen Bereichen Tarifverträge gebe. "Wir wollen dort eine Lohnuntergrenze, wo es keine Tarifverträge gibt", erklärte Merkel. Die Höhe solle sich an den allgemeinen Aussagen spezifischer Branchentarifverträge orientieren.
Europa als Schicksalsgemeinschaft
Angesichts der Euro-Schuldenkrise sagte die Kanzlerin, Europa sei vielleicht "in der schwersten Stunde seit dem Zweiten Weltkrieg." Zugleich prognostizierte sie, Deutschland werde gestärkt aus der Krise herauskommen, und forderte, es müsse gelingen, dass Europa dies auch schaffe.
Mit Blick auf grundlegende Veränderungen der europäischen Verträge meinte sie, die Zeit für "einen Durchbruch zu einem neuen Europa" sei gekommen. Dieses Europa sei eine Schicksalsgemeinschaft in der globalen Welt.
Die Finanzbranche forderte sie zu mehr Verantwortung auf. "Die Wirtschaft und die Finanzwirtschaft müssen den Menschen dienen und nicht umgekehrt." Abermals legte sie ein Bekenntnis zur gemeinsamen Euro-Währung ab mit der Bemerkung: "Der Euro ist weit mehr als eine Währung. (...) Scheitert der Euro, dann scheitert Europa."
Historische Herausforderung
Die Aufgabe, das Schuldenproblem dauerhaft zu überwinden, bezeichnete sie als "historisch". Wer die Regeln des europäischen Stabilitätspaktes verletzte, sollte mit automatischen Sanktionen und Klagen beim Europäischen Gerichtshof rechnen müssen. Dazu müssten die europäischen Strukturen weiterentwickelt werden.
Dabei verwies sie darauf, dass der Euro-Stabilitätspakt rund 60 Mal verletzt worden sei. Es seien auch Länder in die Euro-Zone aufgenommen, die wohl die Kriterien dafür nicht erfüllt haben. Auch Deutschland habe den Pakt mehrfach verletzt.
Daher sei ein neues Verständnis von Verantwortung nötig: Die Sorgen eines Landes seien die Sorgen der 27 EU-Staaten. "Wir alle sind Teil einer europäischen Innenpolitik", betonte die Kanzlerin.
Autorin. Eleonore Uhlich (dpa,dapd,rtr)
Redaktion: Martin Schrader