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Proteste bei Vorladung von Katalanen-Führer

15. Oktober 2015

Kataloniens Regierungschef Mas musste vor dem Ermittlungsrichter erscheinen: Er übernahm die Verantwortung für die Volksbefragung über die Unabhängigkeit von Spanien. Seine Vernehmung war Anlass breiter Solidarität.

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Tausende Anhänger begleiten den katalanischen Regionalpräsidenten Mas in Barcelona bei seinem Gerichtstermin (foto: reuters)
Tausende Anhänger begleiten den katalanischen Regionalpräsidenten Mas in Barcelona bei seinem GerichtsterminBild: Reuters/A. Gea

"Independencia!" (Unabhängigkeit), skandierten die bis zu 5000 Demonstranten in Barcelona, "Dieses Gericht vertritt nicht uns!" und "Wir sind alle Mas". Sie waren vor das Justizgebäude gezogen, um dem Regierungschef Kataloniens, Artur Mas, bei seinem Gerichtstermin den Rücken zu stärken. Dem Katalanen-Führer wird vorgeworfen, trotz eines Verbots des Verfassungsgerichts eine Volksbefragung über die Loslösung von Spanien durchgeführt zu haben.

Auch die Mitglieder des katalanischen Kabinetts, Bürgermeister und Parteiführer aus rund 400 Gemeinden begleiteten den Regionalpräsidenten bis zum Eingang und bereiteten ihm nach der Vernehmung durch den Ermittlungsrichter einen begeisterten Empfang.

Stolz und ungebrochen nach der Vernehmung vor Gericht: Artur Mas umringt von seinen Anhängern (foto: reuters)
Stolz und ungebrochen nach der Vernehmung vor Gericht: Artur Mas umringt von seinen AnhängernBild: Reuters/G. Nacarino

Mas hatte damals eigentlich ein Referendum über die Unabhängigkeit angestrebt. Als ihm dies verboten wurde, setzte er 2014 stattdessen eine eher symbolische Volksbefragung an. Dafür habe er vor Gericht die volle Verantwortung übernommen, berichtete er vor seinen Anhängern. Gleichzeitig beschuldigte er die spanische Zentralregierung in Madrid, sie versuche den demokratischen Prozess in Katalonien zu einem kriminellen zu verdrehen.

Die spanische Justiz legt dem katalanischen Regionalpräsidenten die Missachtung einer Gerichtsentscheidung, Amtsmissbrauch und Veruntreuung staatlicher Gelder zur Last. Im Falle einer Verurteilung droht ihm ein mehrjähriges Verbot der Ausübung öffentlicher Ämter.

Mas erklärte, er sei für die politische Initiative zu dem Volksvotum verantwortlich, und sei verantwortlich dafür, auf den Willen "hunderttausender friedlicher Demonstranten" gehört zu haben. Organisation und Ablauf der Befragung hätten jedoch in den Händen freiwilliger Helfer gelegen. Die katalanische Regierung hatte die Ermittlungen der Justiz als "politisch motiviert" verurteilt und den Verdacht geäußert, dieses Verfahren sei lediglich auf Betreiben der spanischen Zentralregierung eingeleitet worden. Madrid hatte dies bestritten.

Vor seiner Vernehmung nahm Mas an einer Zeremonie zur Ehrung des früheren katalanischen Ministerpräsidenten Lluís Companys (1882-1940) teil, der am Donnerstag vor 75 Jahren auf der Burg von Barcelona von einem Erschießungskommando der Franco-Diktatur hingerichtet worden war. Viele Katalanen empfanden es als besondere Geschmacklosigkeit der Justiz, Mas ausgerechnet am Jahrestag dieser Schmach zu einer Vernehmung vorzuladen.

Pikanterweise liegt das Gerichtsgebäude, in dem der Regierungschef verhört wurde, an einer Allee, die den Namen des ermordeten Kämpfers für die Unabhängigkeit trägt.

SC/uh (dpa, APE, afpe)