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Vom Diplomatenviertel zum Schmelztiegel

10. Oktober 2010

Der Bonner Stadtteil Bad Godesberg hat sich sehr gewandelt. Als Bonn noch Regierungssitz war, lebten hier höhere Beamte und Diplomaten. Seitdem hat sich die Bevölkerungsstruktur deutlich verändert.

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Häuser und Stadtvillen in Bonn - Bad Godesberg
Bad GodesbergBild: DW

Bad Godesberg galt lange als gut bürgerlicher, überdurchschnittlich wohlhabender und konservativer Stadtteil von Bonn. Das ist Erinnerung, denn wenn man heute durch das Bad Godesberger Zentrum streift, dann hat sich einiges geändert. Türkische Dönerbuden reihen sich an Telefon-Läden mit Gebraucht-Elektronik, libanesische Restaurants gesellen sich zu 1-Euro-Shops, Obst- und Gemüseläden und arabischen Friseuren. Man sieht viele verschleierte Frauen - ein Bild, das nicht bei allen Passanten auf Wohlwollen stößt. Uta Neugebauer wohnt schon seit 30 Jahren in Bad Godesberg und hat den Wandel der Stadt hautnah miterlebt. "Leuten von außerhalb, die Bad Godesberg aber von früher kannten, fiel besonders auf, dass nun hier viele Menschen mit Kopftüchern herumlaufen und auch einige mit Burkas," fasst Uta Neugebauer die sichtbare Veränderung der Bevölkerung von Bad Godesberg zusammen.

Komplett verändert

Fußgängerzone in Bonn Bad Godesberg. (Foto: DW)
Godesberger InnenstadtBild: DW

Nach dem Regierungsumzug standen plötzlich viele Villen, Häuser und Wohnungen in dem Bonner Stadtteil leer. Zunächst freute man sich auf neue Einwohner - die Godesberger Bevölkerung war vertraut mit fremdländischen Gesichtern: schließlich waren viele ausländische Botschaften hier ansässig gewesen. Deshalb war man auch offen für neue Nachbarn mit Migrationshintergrund. Doch es kam etwas anders, weil andere Leute kamen. "Wenn wir heute durch die Koblenzer Straße gehen, die früher zu Zeiten der Bundesregierung eine nette Straße war, dann ist die fest in arabischer Hand." Die vielen Ein-Euro-Shops hätten sie Innenstadt verschandelt, die Einkaufsqualität habe enorm gelitten. Viele ehemalige Geschäfte seien mittlerweile überhaupt nicht mehr da, sagt Neugebauer.

Privater Sicherheitsdienst engagiert

Ehemaliges Botschaftsgebäude und alte Autos (Foto: dpa)
Ehemaliges BotschaftsgebäudeBild: dpa

Man merkt der Godesbergerin an, dass sie an ihrem alten Stadtteil hängt und nicht sehr glücklich über die Entwicklung ist. Seit Anfang 2010 gibt es einen privaten Wachdienst, den 50 Händler und Privatleute in Bad Godesberg engagiert haben. Nacht für Nacht patroullieren Wachleute durch die Innenstadt und den Kurpark. Das Bad Godesberg Stadtmarketing reagierte damit auf eine Einbruchserie im vergangenen Jahr. In einige Läden war mehrfach eingebrochen worden, dazu will aber keiner der Ladenbesitzer etwas sagen. Eine merkwürdige Wand des Schweigens, vielleicht aus Angst, als Rassist dazustehen und somit dem eigenen Geschäft zu schaden. Die meisten Bürger fühlen sich mit dem Wachdienst aber sicherer und begrüßen dessen Einsatz.

Nur jeder Vierte fühlt sich noch sicher

Vergitterte Schaufenster, verschleierte Frauen in Bad Godesberg (Foto: DW)
Vor einem Schaufenster in Bad GodesbergBild: DW

Sicherheit scheint überhaupt ein wichtiges Thema in Bad Godesberg zu sein. Leute wurden überfallen und ausgeraubt. Eine Umfrage ergab, dass sich lediglich 26,1 Prozent aller Bewohner in Bad Godesberg ohne Einschränkung sicher fühlen. Am unsichersten fühlen sich überraschenderweise aber eher Männer als Frauen. Einige Bereiche werden von den Bewohnern komplett gemieden, in der Dunkelheit sind viele vorsichtig. Das schränkt natürlich die Lebensqualität enorm ein. "Ich würde sagen, man sollte abends nicht mehr durch den Stadtpark alleine gehen," sagt mir ein Passant, als ich ihn nach seinem perönlichen Sicherheitsbefinden frage.

Vor allem die Bonner Polizei solle dafür sorgen, dass mehr Sicherheit herrscht, ihre fehlende Präsenz wurde vielfach bemängelt. Aber im Endeffekt sei es ja in Bad Godesberg wie in jeder anderen deutschen Stadt auch, sagt mir ein Fußgänger: "Naja, alles so Multi-Kulti, das ist in jeder großen Stadt so. Damit müssen wir leben." Dann zieht von dannen und setzt seinen Einkauf fort.

Autor: Arne Lichtenberg
Redaktion: Kay-Alexander Scholz, Hartmut Lüning