Unsichtbares sichtbar machen
28. Januar 2007Wenn sich auf einem Luftbild interessante Spuren im Boden zeigen, dann kann man dort den Boden praktisch durchleuchten und zwar mit der Messung des magnetischen Feldes. Überall dort, wo der Boden verändert wurde, wurde auch das natürliche Magnetfeld gestört - und das wird sichtbar gemacht.
"Wir müssen möglichst nah an der Erdoberfläche unser Magnetometer über den Boden tragen und dann sehen wir Strukturen die etwa ein oder zwei Meter unter der Erde sind", erklärt Jörg Faßbinder vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege. "Man kann sie auch noch aufnehmen, wenn sie in fünf Meter Tiefe sind, aber eben nicht mehr in der Schärfe, dass man einzelne Mauern von 20 Zentimeter Breite abbilden kann."
So erhält man komplette Pläne der im Boden schlummernden Altertümer und kann ganz gezielt dort graben, wo sehr wahrscheinlich etwas zu finden ist. Aber selbst dort, wo der Boden keine deutlichen Spuren zeigt, kann man ihm Informationen zur Geschichte entreißen. Vor allem die im Boden vorkommenden Mineralien Quarz und Feldspat werden durch die natürliche Radioaktivität im Boden beschädigt - allerdings nur, solange sie nicht ans Licht kommen oder erhitzt werden. Dann verschwinden die Schäden wieder. Sie verursachen - so ähnlich wie Phosphor auf Zifferblättern - ein kaltes Leuchten, Lumineszenz genannt. Damit lässt sich schließlich feststellen, wann die Kristalle das letzte Mal belichtet oder erhitzt wurden.
Altersbestimmung durch Lumineszenz
"Je nachdem, wie stark ein Leuchten ist, kann man feststellen, ob eine Probe jünger oder älter ist", erläutert Annette Kadereit, Leiterin des Lumineszenzlabors im Geographischen Institut der Universität Heidelberg. "Je stärker das Lumineszenzsignal, desto älter ist die Probe."
Christian Goedicke arbeitet im Ratgen Forschungslabor der Staatlichen Museen zu Berlin und macht ebenfalls Altersbestimmungen mit Hilfe der Lumineszenz. Diese sind vor allem dann von ganz besonderer Bedeutung, wenn keinerlei Gegenstände mehr die Anwesenheit von Menschen verraten. "Wenn die Ureinwohner nur über die Sandfläche ihrer Siedlung gelaufen sind, dann haben sie so viele Spuren hinterlassen, dass sie einen kleinen Bereich durch ihre Trittspuren immer wieder umgewühlt haben", beschreibt Goedicke. "Wenn die Siedlung verlassen und durch Vegetation zugedeckt wird, dann können wir trotzdem diesen so genannten Laufhorizont mit Hilfe der optisch stimulierten Lumineszenz datieren."
Am Heidelberger Lumineszenzlabor werden mit dieser Technik ständig neue Analyse-Verfahren entwickelt. Damit fand man in der Atacama-Wüste im Norden Chiles, dass an den Steinbildern der prähistorischen Nazca-Bewohner offenbar über Jahrhunderte hinweg gearbeitet wurde.
Kombination aus Archäologie und moderner Technik
"Archäometrie kombiniert herkömmliche Archäologie mit modernster Technik. Und da ist die Alte Welt - also Europa - führend", erklärt der langjährige Leiter der Heidelberger Forschungsstelle Archäometrie, Günter Wagner. Deutschland spiele dabei eine wesentliche Rolle. "Wir modifizieren Methoden, die ohnehin entwickelt werden in naturwissenschaftlichen Fächern. Aber sie müssen dann auf die speziellen Belange der Archäologie weiter entwickelt werden, denn es geht oft um sehr wertvolles Kulturgut."
Andere Verfahren ermöglichen es, festzustellen, woher Metalle, Gläser oder Keramiken stammen. Dadurch ließen sich Handelsbeziehungen ableiten, erörtert Wagner. Genauso ließ sich feststellen aus welchen Steinbrüchen die Steine der ägyptischen Pyramiden stammen. Molekularbiologen erkennen sogar im Idealfall, ob die Menschen in einem Grab miteinander verwandt waren.